6. Sonn­tag der Os­ter­zeit B (05.05.2024)

(Apg 10; 1 Joh 4, 7–10; Joh 15, 9–17)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
am An­fang des Chris­ten­tums ste­hen ein­schnei­den­de und re­vo­lu­tio­nä­re In­no­va­tio­nen, von de­nen wir heu­te nur träu­men kön­nen. Gott sel­ber mischt da mäch­tig mit in Form von Vi­sio­nen und Ein­sich­ten, die er in den Her­zen von Men­schen auf­blit­zen lässt. Be­den­ken wir, dass die ers­ten Jün­ge­rin­nen und Jün­ger al­le im Ju­den­tum ver­wur­zelt wa­ren, wie Je­sus sel­ber bis zu­letzt ja auch. Be­den­ken wir wei­ter­hin, dass der heid­ni­sche, rö­mi­sche Haupt­mann Kor­ne­li­us kein Hei­de in dem Sin­ne war, wie wir heu­te das Wort „Hei­de“ in der Re­gel be­nut­zen, wenn wir von re­li­gi­ons­frei­en Men­schen spre­chen. Schließ­lich heißt es von Kor­ne­li­us, dass er mit sei­nem gan­zen Haus fromm und got­tes­fürch­tig war, reich­lich Al­mo­sen spen­de­te und be­stän­dig zu Gott be­te­te. Er leb­te al­so ei­ne Freund­schaft Got­tes, wie sie auch heu­te Men­schen le­ben, wenn sie ver­su­chen, auf We­gen der Lie­be zu wan­deln, und das kann man ganz gut auch oh­ne Re­li­gi­on.
Auch die Ver­zü­ckung des Pe­trus ist ent­zü­ckend, weil er, Gott sei Dank!, die Of­fen­heit hat­te, von wich­ti­gen, re­li­giö­sen Dog­men zu las­sen, weil er im­mer noch auf die Stim­me Got­tes hö­ren und ihr fol­gen konn­te. Nicht nur ihm, son­dern al­len, die Men­schen ger­ne in rein und un­rein, gott­voll und gott­los, hei­lig und un­hei­lig, ein­tei­len möch­ten, schreibt Gott ins Stamm­buch ih­res Le­bens und Den­kens, dass al­le Men­schen sei­ne Kin­der sind. Die­se ge­mein­sa­me Wür­de drückt sich auch dar­in aus, dass al­len die glei­che Wür­de zu­kommt und nicht nur je­nen, die sich ger­ne „Wür­den­trä­ger“ nen­nen und nen­nen las­sen.
„Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch“, sagt Pe­trus zu Kor­ne­li­us, als die­ser sich vor ihm nie­der­knie­te. Die­se De­mut ist lei­der bis heu­te auch nicht selbst­ver­ständ­lich ver­brei­tet.
Ja, wie recht hat Pe­trus, wenn er fest­stellt, dass man kei­nen Men­schen un­hei­lig nen­nen darf, nur, weil er viel­leicht nicht re­li­gi­ös ist oder mo­ra­lisch so hei­lig, wie das die Mo­ral­theo­lo­gie er­war­tet. „Gott fürch­ten“ heißt doch auch, ne­ben dem Ge­heim­nis, das wir „Gott“ nen­nen, auch dem Le­ben ins­ge­samt mit De­mut und Ehr­furcht zu be­geg­nen. Um zu tun, was recht ist, braucht man kei­nen Ka­te­chis­mus, son­dern den Geist der Lie­be, was der Hei­li­ge Geist auch prompt be­stä­tigt, in­dem er auf al­le her­ab­kam, die Pe­trus zu­hör­ten. Klar, dass Pe­trus und sei­ne Be­glei­ter nicht fas­sen kön­nen, dass der Hei­li­ge Geist schon oh­ne Tau­fe da sein kann. Dies soll­te uns auch heu­te zu den­ken ge­ben, vor al­lem, wenn wir mei­nen, wir müss­ten das Heil erst zu den „Hei­den“ brin­gen.
Nun, es muss auch nicht an­ge­ord­net wer­den, al­le zu tau­fen, die die­sen Geist in sich tra­gen. Denn nicht auf die Tau­fe kommt es an, son­dern auf den Geist, der uns er­füllt. Der Jo­han­nes­brief bringt es auf den Punkt, wenn es da heißt: „Je­der, der liebt, stammt von Gott und er­kennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht er­kannt. Denn Gott ist die Lie­be“ (1 Joh 4, 7f). Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)