7. Sonn­tag der Os­ter­zeit (29.05.2022)

(Apg 7, 55–60; Offb 22, 12–14.16–17.20; Joh 17, 20–26)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
man fragt sich schon, war­um sich die Leu­te so auf­re­gen, wenn Ste­pha­nus, er­füllt vom Hei­li­gen Geist, den Him­mel of­fen und den Men­schen­sohn zur Rech­ten Got­tes ste­hen sieht (Apg, 7, 56)? Nun, ge­wöhn­lich er­scheint uns der Him­mel so of­fen nicht, viel­leicht in be­son­de­ren Mo­men­ten. Zu­dem ver­bau­en Re­li­gio­nen oft den of­fe­nen Him­mel mit vie­len Ge­bo­ten und Ver­bo­ten, stel­len sie Be­din­gun­gen auf, mit de­ren Er­fül­lung man sich die Chan­ce auf ei­nen of­fe­nen Him­mel wah­ren kann. Letzt­end­lich hat man aus dem Him­mel wie­der ein Ge­schäfts­mo­dell ge­macht, der nur sol­chen of­fen­steht, die sich an­stren­gen und da­für auch was leis­ten. Klar, dass al­le, die sich den of­fe­nen Him­mel was kos­ten las­sen, nicht so be­geis­tert sind, wenn da ei­ner ein­fach so den Him­mel of­fen sieht. Es ist auch kein Zu­fall, dass Ste­pha­nus den Men­schen­sohn zur Rech­ten Got­tes ste­hen sieht. Je­sus hat sich gern als „Men­schen­sohn“ be­zeich­net und dar­in auch sei­ne Nä­he zu den Men­schen zum Aus­druck ge­bracht. Durch sei­ne be­din­gungs­lo­se Lie­be ge­ra­de zu sog. „Zöll­nern und Sün­dern“, al­so Leu­ten, de­nen man al­le Chan­cen ab­sprach, ei­nen of­fe­nen Him­mel zu se­hen, ge­schwei­ge denn hin­ein­zu­kom­men, de­nen hat Je­sus den Him­mel ge­öff­net und re­li­giö­se Ge­schäfts­mo­del­le mit ihm über den Hau­fen ge­wor­fen. Kein Wun­der, dass das auch sei­nen Be­liebt­heits­grad bei Leis­tungs­trä­gern nicht ge­för­dert hat. Ist ja auch ver­ständ­lich, wenn man sei­ne Le­bens­leis­tung da­durch in Fra­ge ge­stellt sieht. Auch das müs­sen wir zu ver­ste­hen ver­su­chen.
Die Kreu­zi­gung Je­su war so­zu­sa­gen erst ein­mal das Schei­tern des An­lie­gens Je­su und die Be­stä­ti­gung für all‘ sei­ne Geg­ner, dass Je­sus Un­recht ge­habt ha­ben muss und von Gott ver­wor­fen war. Und nun soll in den Au­gen des Ste­pha­nus aus­ge­rech­net die­ser Je­sus, die­ser wah­re Men­schen­bru­der, zur Rech­ten Got­tes ste­hen, al­so im an­ti­ken Ver­ständ­nis auf der Glücks- und Eh­ren­sei­te! Für die­ses Be­kennt­nis zum of­fe­nen Him­mel und zu Je­sus als Men­schen­sohn zur Rech­ten Got­tes, muss­te er ster­ben. Wir müs­sen es heut­zu­ta­ge des­we­gen nicht mehr. Aber er­füllt vom Hei­li­gen Geist, soll­ten auch wir den Him­mel of­fen für al­le se­hen, die durch den Geist Je­su Men­schen­söh­ne und Men­schen­töch­ter sind. Es sind Men­schen, die, wie Je­sus, be­din­gungs­los zu lie­ben ver­su­chen und so den Him­mel für vie­le Men­schen und Ge­schöp­fe of­fen hal­ten.
Wol­len wir wirk­lich um die­sen Geist bitten?

(P. Tho­mas Röhr OCT)