7. Sonn­tag der Os­ter­zeit A (21.05.2023)

(Apg 1, 12–14; 1 Petr 4, 13–16; Joh 17, 1–11a)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
das Jo­han­nes­evan­ge­li­um bringt vor der Pas­si­on Je­su die sog. „Ab­schieds­re­den“, zu de­nen je­nes Ge­bet ge­hört, das wir eben im Evan­ge­li­um ver­nom­men ha­ben. Es dürf­te klar sein, dass die­se lan­gen Re­den Je­su Me­di­ta­tio­nen des Evan­ge­lis­ten Jo­han­nes sind, die die­ser sei­nem Je­sus in den Mund legt. Denn es ist kaum an­zu­neh­men, dass Je­sus ei­nen Schrei­ber hat­te, der je­des Wort Je­su auf­ge­schrie­ben und fest­ge­hal­ten hat.
Ei­gent­lich sind die­se Tex­te für ein sonn­täg­li­ches Evan­ge­li­um un­ge­eig­net. Zu voll­ge­la­den sind sie mit der Theo­lo­gie des Jo­han­nes, die nicht im­mer ein­fach zu ver­ste­hen ist. Und sie muss in Ru­he be­dacht und me­di­tiert wer­den, so wie es viel­leicht auch vor­ge­se­hen war.
Der Evan­ge­list Jo­han­nes ver­sucht mit die­sem Ge­bet Ein­blick in die In­nen­sei­te der tie­fen und in­ti­men Gott­ver­bun­den­heit Je­su zu ge­ben. Sein Le­ben, sei­ne Wor­te und Ta­ten wa­ren so­zu­sa­gen ei­ne Of­fen­ba­rung nicht nur sei­nes, son­dern vor al­lem auch ei­ne Of­fen­le­gung des Her­zens Got­tes, sei­nes Abba’s. Ich bin mir nicht so si­cher, ob die „Sei­nen“ Je­sus wirk­lich er­kannt und ver­stan­den ha­ben, wie Je­sus da be­tet. Denn Je­su Geist war so an­ders in sei­nem Tun und Re­den, dass ja die Jün­ger im­mer wie­der als schwer von Be­griff ge­schil­dert wer­den. Ko­mi­scher­wei­se ha­ben ja aus­ge­rech­net je­ne Je­sus am bes­ten ver­stan­den, die nicht in in­sti­tu­tio­nel­lem Den­ken ge­fan­gen wa­ren, al­so die sog. „Zöll­ner und Sün­der“, die Frau­en, Kran­ke, Ex­kom­mu­ni­zier­te. Sie hat­ten ja auch kei­ne „rei­ne Leh­re“ mehr zu ver­tei­di­gen, steck­ten nicht mehr in dog­ma­ti­schen und mo­ra­li­schen Kor­setts. Sie wa­ren al­so ziem­lich of­fen, auf-ge­bro­chen, für das, was ih­re ver­letz­ten Her­zen am drin­gends­ten brauch­ten, näm­lich ei­ne Lie­be, die gren­zen­los und be­din­gungs­los ist. Klar, schon hö­re ich die From­men al­ler Zei­ten wie­der über ei­nen harm­lo­sen Ku­schel­gott schimp­fen, der nichts kos­tet und nichts zu­mu­tet. Da­bei woll­te er im­mer schon und von An­fang an den An­spruch und die Müh­sal der Lie­be, der man herr­lich in blo­ße Recht­gläu­big­keit ent­flie­hen kann. Das näm­lich ist bei Jo­han­nes „Welt“. Nicht ei­ne „gott­lo­se“ Ge­gen­welt, (die es gar nicht ge­ben kann), zu den Gläu­bi­gen, son­dern ei­ne Welt, in der die Lie­be nur mü­de be­lä­chelt wird und ei­gent­lich ein küm­mer­li­ches Da­sein fris­tet.
Die­ses Pro­blem aber be­fin­det sich mit­ten un­ter de­nen, die sich für be­son­ders gläu­big und recht­gläu­big hal­ten. Gott aber ist Lie­be, wie es im 1. Jo­han­nes­brief heißt. Das ist sein Na­me von al­ters her bis in Ewig­keit.
Dar­um be­ten wir um den Hei­li­gen Geist, da­mit wir se­hen, wo und wie er wirkt, ge­ra­de auch au­ßer­halb von Kir­chen und Re­li­gio­nen.
Weil die Lie­be ewig ist, kann man auch sa­gen: Das aber ist das ewi­ge Le­ben: dass sie den Gott der Lie­be ver­trau­en und dem, der dies am bes­ten ver­stan­den hat, Je­sus Chris­tus.
Wir bit­ten um den Hei­li­gen Geist, da­mit man uns nicht an wort­rei­chen Be­kennt­nis­sen, son­dern am lie­be­vol­len Da­sein er­kennt und dar­in das Ge­heim­nis Got­tes, das sich so nach Lie­be sehnt. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)