(2 Kön 4, 42–44; Eph 4, 1–6; Joh 6, 1–15)
Liebe Schwestern und Brüder,
gewöhnlich beziehe ich mich bei den Predigten immer auf die biblischen Texte des Tages. Heute ist uns aufgetragen, besonders Senioren und Großeltern einzubeziehen, weil Papst Franziskus den letzten Sonntag im Monat Juli zum „Welttag der Senioren und Großeltern“ erklärt hat, was ich sehr schön finde. Denn Senioren und Großeltern haben das wirklich verdient. Ohne Senioren und Großeltern gäbe es auch uns nicht. Ihnen verdanken wir Vieles, was unser Leben ausmacht. Sie verdienen es nicht, dass ihnen eine finanzorientierte Welt ständig vorrechnet, was sie alles kosten, haben sie sich doch unseren Wohlstand auch etwas kosten lassen. Ohnehin beschleicht Senioren und Großeltern oft das Gefühl, zunehmend eine Last zu sein und immer mehr Arbeit zu machen.
Wahrlich, man kann Loblieder auf das Alter singen, wenn man noch reichlich bei Kräften ist. In Wahrheit aber fordert uns das Älterwerden immens heraus bei all‘ den Grenzen, die uns das zunehmende Alter setzt. Sie fühlen sich nicht selten wie Niederlagen an. Senioren und Großeltern verdienen von daher unseren ganzen Respekt, denn es ist noch nicht ausgemacht, dass wir als Helden älter werden. Unsere Senioren und Großeltern erinnern uns doch daran, dass man das ganze Leben nicht einfach verrechnen kann und sich eigentlich am Ende nur die Liebe rechnet. Darum werden sie ja von Enkeln und Urenkeln so geliebt, und sie sollten das, so oft, wie möglich, ihren Opas und Omas sagen und zeigen. Kinder allerdings werden immer wieder erstaunt sein, was Enkel und Urenkel so dürfen, von dem Kinder in eigenen Kinderzeiten nur träumen durften. Da wir alle begrenzte und fehlbare Menschen sind, die auch in jüngeren Jahren Grenzen haben, wenn auch andere, müssen wir uns tatsächlich immer wieder auch in Liebe ertragen, wie es heute im Epheserbrief hieß (Eph 4, 2). Noch besser aber wäre es, wenn wir einander in Liebe tragen, egal in welchem Lebensabschnitt wir uns gerade befinden. Gedankt sei in diesem Zusammenhang allen, die ihre alten Eltern pflegen und umsorgen und damit manchmal bis an ihre Grenzen gehen. Liebe kann auch sehr schwer sein. Von außen sollten sich daher alle hüten, leichtfertige Urteile zu fällen und Ratschläge zu erteilen, wo einem gänzlich die Erfahrung fehlt.
So, habe ich nun überhaupt keinen Bezug zu den biblischen Texten hergestellt? Einen Bezug hatten wir schon im Epheserbrief. Wenn wir die Brotwundergeschichten aus der 1. Lesung und dem Evangelium nicht nur als himmlische Mirakel deuten oder als Hinweise auf die Eucharistie oder die Heilige Schrift, dann haben wir schon auch vom Brot der Liebe gesprochen, vom Brot der Wertschätzung, vom Brot der Dankbarkeit. Das brauchen Enkel, Urenkel und Kinder auch zu Coronazeiten. Das war den meisten am Ende doch wichtiger, als Party machen, so schön und wichtig dies für jüngere Leute auch immer ist.
Aber auch unsere Senioren und Großeltern brauchen dieses Brot und wir sollten ihnen lieber, bei allen Mühen und Sorgen, einmal zu viel als zu wenig sagen, dass wir sie liebhaben. Aber das gilt natürlich für alle Menschen und Altersgruppen.
Mag es auch sein, dass wir meinen, nicht viel zu haben, so lasst es uns trotzdem teilen. Auch eine Gemeinde rechnet sich nicht erst mit der Vielzahl von Aktionen und hauptamtlichen bzw. ehrenamtlichen Mitarbeitern, sondern ob so viele, wie möglich, versuchen, ohne viel Aufhebens das Geheimnis der Zuwendung zu leben. Dann sind wir einander Sakramente der Liebe Gottes: die Senioren und Großeltern den Kindern, Enkeln und Urenkeln, wie auch umgedreht. Möge Gottes Geist uns geschenkt sein, dass wir nie aufhören, an solchen Brotwundern mitzuwirken. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)