33. Sonn­tag im Jah­res­kreis (14.11.2021)

(Dan 12, 1–3; Hebr 10, 11–14.18; Mk 13, 24–32)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
„Ko­met rast auf die Er­de zu: Me­ga-Ko­loss mit 150 km Durch­mes­ser“ oder „Sau­er­stoff der Er­de wird knapp“, das sind so apo­ka­lyp­ti­sche Nach­rich­ten­über­schrif­ten in mei­nem Smart­phone. Liest man dann wei­ter, rast der Ko­met doch recht weit an der Er­de vor­bei und der Sau­er­stoff der Er­de reicht noch et­wa 4 Mil­li­ar­den Jah­re, näm­lich bis zu dem Zeit­punkt, wo die Son­ne zu ster­ben be­ginnt und zu ei­nem ro­ten Rie­sen wird, der al­les in sei­ner Nä­he, auch die Er­de, gna­den­los ver­brennt. Aber bis da­hin kann noch viel An­de­res ge­sche­hen sein, ob­wohl ich schon manch­mal den­ke, dass wir auch im Be­zug auf die Luft, die wir at­men dür­fen, sträf­lichst sorg­los sind. Was ich al­so sa­gen will, ist, dass mich gar nicht so sehr apo­ka­lyp­ti­sche Tex­te der Bi­bel be­un­ru­hi­gen, son­dern eher ei­ne apo­ka­lyp­tisch­ver­lieb­te Welt und Me­di­en­land­schaft. Ich selbst er­tra­ge die­se Sucht im­mer schlech­ter. Da hal­te ich mich lie­ber an die bi­bli­schen Apo­ka­lyp­sen. Denn die zeich­nen zwar auch furcht­ein­flö­ßen­de Bil­der, will aber vor al­lem fest­hal­ten, dass das Ge­heim­nis „Gott“ die Welt und je­den Ein­zel­nen in sei­nen Hän­den hält und ei­ne Zu­kunft plant, die kei­ne Apo­ka­lyp­sen mehr kennt. Es trös­tet mich, dass man laut Evan­ge­li­um von heu­te „den Men­schen­sohn in Wol­ken kom­men se­hen wird, mit gro­ßer Kraft und Herr­lich­keit“ (Mk 13, 26). Und wenn es der Men­schen­sohn ist, der Je­sus von Na­za­reth ge­nannt wur­de, dann hab ich schon gar kei­ne Sor­gen mehr. Denn sei­ne Wor­te, die nicht ver­ge­hen sol­len, wa­ren Wor­te voll Lie­be und Barm­her­zig­keit, Wor­te, die Mut mach­ten, sei­nem Ab­ba-Gott un­be­dingt zu ver­trau­en und nicht je­nen Un­heils­pro­phe­ten, die vor al­lem Apo­ka­lyp­sen des Un­ter­gangs und der Stra­fe pre­dig­ten und pre­di­gen.
Nie­mand wird leug­nen kön­nen, dass wir schon ge­nug mensch­li­che Apo­ka­lyp­sen hat­ten und ha­ben, auch per­sön­lich. Das war zur Zeit Je­su so, zu Zei­ten des Ers­ten Tes­ta­men­tes, zu al­len Zei­ten. Was Men­schen aber auch brau­chen, sind po­si­ti­ve, er­mu­ti­gen­de Zu­kunfts­per­spek­ti­ven, trotz und in al­len Apo­ka­lyp­sen, mensch­lich ver­ur­sacht oder nicht.
Es wä­re ja schön, wenn der Glau­be ein Ver­si­che­rungs­pa­ket wä­re, das ewig un­ver­än­der­lich und si­cher wä­re. Aber Glau­be als Ver­trau­en ler­nen, ist ein le­bens­lan­ger Pro­zess, der nie ab­ge­schlos­sen ist, auch in der Bi­bel nicht. Schon im Ers­ten Tes­ta­ment lernt man, dass Got­tes Treue und Lie­be bis über den Tod hin­aus­rei­chen muss, wie wir es heu­te im Buch Da­ni­el ge­hört ha­ben. Das war näm­lich nicht im­mer so. Der Glau­be ist mit den bei­den Tes­ta­men­ten und mit Je­sus nicht ein­fach fix und fer­tig. Es gilt im­mer wie­der neu, Ver­trau­en zu wa­gen, Lie­be zu wa­gen, vor al­lem dann, wenn Apo­ka­lyp­sen­pan­de­mien über uns her­fal­len. Die wich­tigs­ten Nach­rich­ten sind eben nicht der Ko­met, der auf die Er­de zu­rast, nicht der Sau­er­stoff, der im­mer mehr ver­schwin­det, nicht all das Übel, was es oh­ne Zwei­fel in un­se­rer Welt, in un­se­rer Kir­che und auch in uns selbst gibt. Nein, die wich­tigs­te Nach­richt bleibt im­mer, dass wir trotz­dem in al­lem Ge­lieb­te sind und blei­ben und auch wer­den sol­len.
Ein bes­se­rer Schluss­satz für die­se Pre­digt, als den von dem chi­ne­si­schen Phi­lo­so­phen Kon­fu­zi­us (6./5. Jhd. v.Ch.), ist mir nicht ein­ge­fal­len. Er lau­tet: „Es ist bes­ser, ein Licht zu ent­zün­den, als auf die Dun­kel­heit zu schimp­fen!“ Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)