(Jes 62, 1–5; 1 Kor 12, 4–11; Joh 2, 1–11)
Liebe Schwestern und Brüder,
es ist auffällig, dass in Märchenfilmen und anderen Filmen die Bösen fast immer schwarz und dunkel dargestellt werden. In Jesusfilmen ist Jesus selbstverständlich immer in weißem Gewand dargestellt. Es ist eine uralte, schon antike, Vorstellung, dass Böses mit Dunkelheit und Finsternis in Verbindung gebracht wird. Tatsächlich machen ja Bosheit und Ungerechtigkeit das Leben und auch das Herz finster. Es gibt gar fromme Seelen, die uns einzureden versuchen, dass Religion schon ein bisschen wehtun muss. Keine Ahnung, wer das in die Welt gesetzt hat. Aber die heutigen, biblischen Texte legen etwas anderes nahe. Ich kann mir auch, ehrlich gesagt, Jesus und seine Jünger bei einer Hochzeit kaum trübsinnig und finster dreinblickend vorstellen. Es fällt schwer, sich Jesus froh oder gar lachend vorzustellen und nicht, wie üblich dargestellt, todernst. Warum ist das eigentlich so? Kann irgendeiner von uns sich vorstellen, dass der letzte Satz aus der 1. Lesung von Jesaja auch ihm ganz persönlich gilt? „Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, so freut sich dein Gott über dich!“ (Jes 62,5). Da kommen doch gleich ganz viele „Aber“. Stattdessen verweisen wir auf jene, die man für heilig hält, denn wir sind es sicherlich nicht. Darum könne sich Gott auch gar nicht so sehr über uns freuen. Aber genau das tut Gott. Vielleicht hat er auch Sehnsucht nach dem Wein unserer Freude, unseres Vertrauens, unserer Dankbarkeit?! Jeder wirkliche Freund, jede Mutter, jeder Vater, jeder Geliebte freut sich doch, wenn er den trifft, dem seine Freundschaft und Liebe gilt. Da denkt man doch nicht gleich an das, was er nicht kann oder falsch gemacht hat. So aber beginnen wir für gewöhnlich jede Eucharistiefeier, nämlich mit dem Schuldbekenntnis. Sicher, es ist schön, dass wir mit allem, was unser Leben ausmacht, auch mit unserer Schuld, zu Gott kommen dürfen. Aber wie soll denn Freude aufkommen, wenn ich mich als erstes immer schuldig fühlen muss? Ja, es stimmt, wenn einem eine unglaubliche Liebe begegnet, da geht es uns wie Petrus bei seiner Berufung durch Jesus, als er zu Jesus sagt: „Herr, geh weg von mir, ich bin ein Sünder!“ (Lk 5, 8). Jesus geht darauf gar nicht ein, sondern beruft ihn trotzdem. Was, wenn nicht diese Freude Gottes über uns, wenn nicht sein Wunsch, uns glücklich und froh zu sehen, wie bei der Hochzeit zu Kana, was, so frage ich, kann uns denn mehr Kraft und Zuversicht für unser Leben geben? Warum berauben wir uns nur so oft dieser Quelle der Kraft und Zuversicht? Wir alle brauchen einen neuen Namen, den der Mund des Herrn für uns bestimmt (V2). Nämlich nicht den Namen „Sünder“, sondern „ich habe Gefallen an dir“, du prächtige Krone, du königlicher Kopfschmuck. Sehnen wir uns nicht alle nach solch einer Wertschätzung? Mögen wir doch Gott seine Liebe glauben, der uns nicht zuerst zum Sünder erklärt, sondern zu seinen geliebten Kindern, ohne dabei auf einem oder gar zwei Augen blind zu sein. Diese Liebe ist ganz. Sie ist heilsam, weil sie nicht gleich unter Druck setzt mit überhöhten Erwartungen und Forderungen. Diese Liebe gibt es wirklich! Glauben wir ihr, dann wird auch in und bei uns „ein helles Licht seiner Gerechtigkeit“ (V1) hervorbrechen und sein Heil, wie eine brennende Fackel. Ja, auch wir haben diesen Wein der Freude oft nicht mehr. Aber hören wir auf Maria wie im Evangelium, wenn sie sagt: „Was er euch sagt, das tut!“ (Joh 2,5)
Geben wir ihm die leeren Krüge unserer Sehnsucht und Hoffnung, damit er sie mit seiner Freude füllen kann. Möge er auch unser Leben zu mehr Freude, Vertrauen und Dankbarkeit wandeln. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)