(Neh 8, 1–10; 1 Kor 12,12–31a; Lk 4, 14–21)
Liebe Schwestern und Brüder,
am 19. März diesen Jahres werden 11 Jugendliche aus unserer Gemeinde das Sakrament der Firmung empfangen. Am Ende des Gottesdienstes werden sie sich heute kurz vorstellen. Das Wort „Firmung“ kommt von dem lateinischen Wort „firmare“ und bedeutet auf Deutsch „stärken“. Auch wenn uns möglicherweise heute die biblischen Texte recht fremd erscheinen, so möchte ich dennoch nach Worten suchen, worin unsere Jugendlichen und wir bestärkt werden können. Nun, beim Verlesen der biblischen Texte heute hat niemand geweint, zumindest ist es mir nicht aufgefallen. In der 1. Lesung aus dem Buch Nehemia weinen die Leute, nachdem sie die Weisungen Gottes gehört und erklärt bekommen haben. Vermutlich waren es Tränen aus Trauer, weil die Leute ja aufgefordert werden, nicht traurig zu sein. Aber worüber waren sie traurig? Vielleicht spürten sie, wie groß Gottes Liebe und Erbarmen ist, und wie groß die Kluft zwischen Glaubensbekenntnissen und Leben ist. Es ist ja manchmal auch wirklich nicht leicht, Gott und all‘ unsere schönen Gedanken über ihn im konkreten, alltäglichen Leben in Übereinstimmung zu bringen. Wir wünschen den Firmlingen und uns erst einmal, ehrlich und authentisch unterwegs zu sein und das Leben nicht in unsere noch so schönen Theorien zu zwängen. Vor allem aber wünsche ich uns, dass der letzte Satz der 1. Lesung über unserem Leben steht und uns ins Herz geschrieben ist, nämlich: „Macht euch keine Sorgen; denn die Freude am Herrn ist eure Stärke!“ (Neh 8, 10). Für die Freude am Herrn wird manchmal wenig getan, aber wir dürfen uns freuen über einen Gott, der ein unendliches, liebevolles Interesse an uns und unserem Leben hat. Dies gilt nicht erst, wenn wir uns für würdig oder andere uns für würdig halten. Das gilt auch nicht erst, wenn im Spiegel über unseren Köpfen ein moralischer Heiligenschein zu sehen ist. Das gilt von Gott her bedingungslos, wie von jeder Liebe, die diesen Namen verdient. Passenderweise schlägt Jesus im Evangelium jene Jesajastelle auf, die beschreibt, was der Geist des Herrn bewirkt, nicht nur bei Jesus, sondern was er auch bei uns und den Firmlingen bewirken möchte: wir sind gesandt, um denen, die sich armselig fühlen, die frohe Botschaft zu sagen, dass sie unendlich geliebt sind. Wir dürfen denen, die sich in Ängsten und Sorgen gefangen fühlen, sagen, dass Gott sie befreien will, und die, die nicht mehr durchsehen, sollen wieder Durchblick bekommen für das, worauf es wirklich im Leben ankommt. Schließlich wird allen eine wirkliche Freiheit verheißen, die sich vom Druck aus Zwängen und Vorurteilen wie zerschlagen fühlen. Aber bevor wir gesandt sind, dürfen wir das alles für uns selbst erhoffen. Denn die Taufe entbindet uns nicht von unserem gebrochenen Menschsein. Und nur im Bewusstsein, selbst Beschenkte zu sein, können wir für andere zu Schwestern und Brüder werden. Ja, diesen Geist wünsche ich unseren Firmlingen und uns. Dieser Geist muss uns immer wieder neu dazu befreien.
Und Paulus spricht auch vom Geist, den wir alle empfangen haben, nicht nur die hauptamtlichen Mitarbeiter. Der eine Geist wirkt in vielen Gaben, wirkt in Verschiedenheiten, die nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung empfunden werden sollen. Jugendliche wollen auch mit ihren Gaben ernst genommen werden, wie alle Gemeindemitglieder. Mögen doch kirchliche Verantwortungsträger sehen und achten, was der Geist wirkt. Mögen alle selbstbewusst aus der Kraft dieses Geistes zu leben versuchen, der uns zeigt, wie sehr wir alle aufeinander angewiesen sind und wie sehr wir in Solidarität einander zur Seite stehen sollen. Vor allem aber möchte er uns miteinander zu jener Erfahrung führen, die da lautet: „Die Freude am Herrn ist unsere Stärke!“. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)