(Apg 5, 27–32.40b-41; Offb 5, 11–14; Joh 21,1–19)
Liebe Schwestern und Brüder,
man kann es eigentlich nie genug sagen und wiederholen, dass nämlich die Bibel kein Buch ist, das einfach vom Himmel gefallen ist. Auch saßen da nicht Leute am Schreibtisch und haben einfach aufgeschrieben, was ihnen himmlische Stimmen ins Ohr flüsterten. Freilich hat sich die Stimme Gottes mit dem Hauch des Heiligen Geistes in die und zwischen die Zeilen gewebt. Aber die Verfasser hatten auch gewisse Eigeninteressen, die sie für ihre Gemeinden bzw. ihre Zuhörer mit in die Glaubensgeschichten einbrachten. Sie antworteten damit schon auf Fragen, die die frühchristlichen Gemeinden bewegten.
Wir machen uns manchmal auch zu wenig bewusst, dass das Christentum seinen Anfang im Judentum nahm und sich von diesem in einem längeren, schmerzlichen Prozess trennte. Das hat auch Spuren in den Schriften des 2. Testamentes hinterlassen.
In der Apostelgeschichte hören wir heute von einem Konflikt der Apostel mit der obersten, jüdischen Behörde. Das war zunächst kein Konflikt zwischen Christen und Juden, sondern erst einmal einer zwischen Juden und Juden. Wir müssen auch Verständnis haben für die oberste, religiöse Behörde. Denn die hatten in den Aposteln ja keine studierten Bischöfe vor sich, sondern einfache, nichtstudierte Fischer. Wenn dann noch diese Fischer behaupten, dass man Gott mehr gehorchen muss als den Menschen (Apg 5, 29), dann möchte ich mal die Reaktion von heutigen, religiösen Behörden sehen, wenn ihnen das sog. „Laien“ sagen und dementsprechend handeln würden. Die Reaktionen wären sicher so anders nicht wie in der Apostelgeschichte, wenn auch gerade nicht mit Auspeitschung.
Ich halte es zwar für den Gesprächsverlauf für nicht besonders klug, wenn Petrus und die Apostel den Behörden, was ja nicht falsch ist, den Mord an Jesus unter die Nase reiben. Aber gewinnen können sie diese damit nicht. Richtig ist, dass Gott alles schenkt, auch Umkehr und Vergebung. Aber leicht hat es Gott damit nicht. Denn zu oft steigt man auch hier zwar mit eigener Kraft auf der Karriereleiter nach oben, aber eben auch weg von den Menschen unten, wo sich auch Gott am Liebsten aufhält.
Gottes Neuanfänge beginnen in der Regel nicht in religiösen, obersten Behörden, sondern bei unscheinbaren, einfachen Menschen, die anfangen, Gott mehr zu gehorchen als den sich wichtig fühlenden Menschen. Jene also, die auf ihr Herz hören, auf die Stimme des Heiligen Geistes, wie eben bei Josef und Maria, wie bei den Fischern vom See Genezareth und ihren Familien, wie bei der starken und selbständigen Frau Maria aus Magdala.
Gott wird dafür sorgen, dass es wie im Evangelium nach der erfolglosen und frustrierenden Nacht einen österlichen Morgen gibt, wo plötzlich der Auferstandene, natürlich unerkannt, am Ufer des Lebens steht. Er ist es, der unser Leben wieder österlicher macht, weil uns seine Liebe zur Nahrung wird und zum Brot, nach dem sich doch so viele Menschen und Geschöpfe sehnen. Auch diese österliche Erfahrung ist kein großer Knall, der gleich die ganze Welt verändert, aber in jedem Fall in der, in der wir gerade leben. Das macht Sinn, immer. Das möge jedem Einzelnen von uns Jener schenken, den man statt „Gott“ auch den „großen Schenker“ nennen könnte. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)