(2 Kön 5,1.9–19; 2 Tim 2,8–13; Lk 17,11–19)
Liebe Schwestern und Brüder,
ich habe vor einiger Zeit mal ein Bild auf mein Smartphone bekommen, da war ein gezeichneter Fischschwarm in einer Richtung unterwegs. Mittendrin schwamm ein grüner Fisch genau entgegengesetzt. Da ist schön ins Bild gesetzt, was es heißt, gegen den Strom zu schwimmen. Was man natürlich nicht sehen kann, ist die Erfahrung, wie man sich fühlt, wenn man das im wirklichen Leben tut. Da gibt es Widerstand, Bedrohung, Druck, gar Beleidigung und u.U. den Ausschluss aus der Mehrheitsgemeinschaft. Ausgeschlossensein ist ein Horrorgefühl, vor dem sich fast alle Menschen fürchten, seit es Menschen gibt und sich selbst und seine tiefsten Überzeugungen dann am Ende verraten lässt. Man kann dieses Gefühl auch mit dem Begriff des „Aussätzigseins“ umschreiben.
In der 1. Lesung und im Evangelium begegnen uns heute körperlich Aussätzige, die es freilich auch innerlich sind. Der Syrer Náaman gehört zu einem fremden Volk und wird doch von dem Gottesmann Elischa geheilt. Es lohnt sich, diese Heilungsgeschichte nochmal im Ganzen zu meditieren. Im Evangelium werden gleich 10 Aussätzige geheilt, wobei nur einer, ein Fremder, umkehrt, um nicht nur Gott, sondern auch dem zu danken, der diese Heilung vermittelt hat. Was an beiden Geschichten auffällt, ist die Tatsache, dass für den Heilungsprozess der Aussätzigen weder was Schweres oder viel Geld verlangt wird, noch vielleicht erwartete, spektakuläre Heilungsrituale stattfinden. Während Náaman wegen der simplen Heilungsmodalitäten anfangs noch protestiert, gehen die 10 Aussätzigen im Evangelium im Namen Jesu einfach los, um sich, wie damals üblich, von den Priestern als geheilt registrieren zu lassen. Diesen Mut und dieses Vertrauen finde ich schon ziemlich erstaunlich. Erst unterwegs geschieht Heilung, für die sicher alle dem lieben Gott im Tempel gedankt haben werden. Die Frage Jesu ist falsch: „Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden?“ (Lk 17,18) Das Fremdsein, also das nicht zum sog. „auserwählten Volk“ zu gehören, hat er mit Náaman gemeinsam. Aber richtig müsste die Frage doch lauten: „Ist denn keiner umgekehrt, um mir (Jesus) zu danken?“ Schließlich hat Jesus doch erst die Heilung ermöglicht! Der Dank an Gott wird erst aus seiner bloßen Abstraktheit befreit, wo er zum konkreten Dank für jene Menschen wird, die uns einfach gut getan oder uns Heil vermittelt haben.
Die Bibel lehrt uns alle sog. „Auserwählten“ heute, dass es vor allem die sog. „Fremden“, die, die nicht dazugehören, sind, die uns in dieser Dankbarkeit Vorbild sind. Und die Texte lehren uns heute auch noch, dass Gott eine Schwäche für „Aussätzige“ hat und niemals damit einverstanden ist, wenn Menschen dazu gemacht werden.
Der Fisch, der gegen den Strom schwimmt, ist grün. Er hat Leben in sich. Er ist ein Hoffnungsfisch. Und wer weiß, ob es nicht gerade diese Fische sind, die am Ende den ganzen Schwarm mit Gottes Hilfe grün sein lassen. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)