(Jes 42, 5a.1–4.6–7; Apg 10, 34–38; Mt 3, 13–17)
Liebe Schwestern und Brüder,
heute also, am Fest der Taufe des Herrn, werden unsere Sternsinger unterwegs sein, um den Segen für das neue Jahr in Häuser und Wohnungen zu bringen. Das ist zunächst das erste und wichtigste Anliegen. Zugleich verbindet die Aktion Dreikönigssingen damit eine Spendenaktion, um Kindern weltweit zu helfen. Dieses Jahr lautet das Thema: „Kinder stärken, Kinder schützen“, weil weltweit Kinder unter Gewalt zu leiden haben. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass jährlich eine Milliarde Kinder und Jugendliche physischer, sexualisierter oder psychischer Gewalt ausgesetzt sind – das ist jedes zweite Kind. So kann man es auf der Homepage www.sternsinger.de nachlesen. Das ist wahrlich ein bedrückender Befund und wirft kein gutes Licht auf uns ausgewachsene Menschen.
Beispielland dieses Jahr ist Indonesien, in dem der Projektpartner ALIT unterstützt wird, eine Stiftung, die vielfältig verletzte Kinder betreut und begleitet. Kinder und Jugendliche sollen lernen, was sie stark macht: nämlich Zusammenhalt, Freundschaften, zuverlässige Beziehungen und respektvolle Kommunikation, so auf der Internetseite.
Auch in Deutschland leben Kinder und Jugendliche nicht unbedingt in einem Paradies der Wertschätzung und Gewaltfreiheit, nicht einmal in Kirchen und Religionen. Und das, obwohl wir Christen zu Weihnachten das Geheimnis des Lebens und der Liebe als bedürftiges Baby feiern. Es ist ja auch viel leichter, tolle Predigten und theologische Traktate zum Geheimnis der Weihnacht zu verfassen und zu staunen, wie klein sich der groß geglaubte Gott machen kann.
Aber nicht nur aus der niedlichen Krippe schaut uns Gott mit großen und fragenden Augen an, sondern aus den Augen eines jeden Kindes weltweit. Wenn aber jedes zweite Kind einer oder mehrerer Formen von Gewalt ausgesetzt ist, dann haben auch viele, religiöse Ausgewachsene rein gar nichts von Weihnachten verstanden. Dann verstehen sie freilich auch nicht, warum sich dieses Kind als Ausgewachsener in die Reihe jener Menschen stellt, die bereit sind, zu ihren Grenzen und Fehlern zu stehen und mit Gottes Hilfe daran etwas zu ändern.
Das Problem vieler Ausgewachsener, besonders jener in Ämtern und Würden, ist doch, dass sie sich oft fehlerlos dünken und für etwas Besonderes halten. Wer so von sich denkt, wird leicht seine Stellung und Macht dazu missbrauchen, nicht nur Kinder zu erniedrigen und nicht selten gewaltsam im wahrsten Sinne des Wortes Untertanen aus ihnen zu machen.
Wer also Jesus nachfolgt, sollte vor allem seinem und in seinem Geiste nachfolgen und intensiv über den Inhalt des Weihnachtsfestes meditieren, und das nicht an konkreten!, liebesbedürftigen Kindern vorbei.
Kinder sind Sakramente Gottes, auch wenn sie wie wir nicht immer nur Engel sind. Aber sie haben in Gottes Namen eine Botschaft für Ausgewachsene. Und die lautet: so, wie du Kinder und Jugendliche und Machtlosere behandelst, so behandelst du Gott, aber auch dich selbst.
Ja, wir schulden die Liebe einander immer, wie der heilige Paulus in einem seiner Briefe schreibt. Das bedeutet aber nicht, dass wir sie gar nicht erst zu leben versuchen.
Möge Gottes Geist uns Ausgewachsene helfen, vor allem in der Liebe zu wachsen und zu reifen, die vor allem an Kindern, Jugendlichen, Alten, Kranken, Benachteiligten und „Kleinen“ jeglicher Art ihre Echtheit und Ehrlichkeit erweist. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)