Os­tern 2023 (09.04.)

(Ps 23; Röm 6, 3–11; Mt 28, 1–10)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
ich spü­re in mir als Pre­di­ger zu­nächst die Ver­su­chung, Os­tern plau­si­bel zu ma­chen. So, als könn­te es am En­de ein­fach nur „klick“ ma­chen und Os­tern son­nen­klar ist. Lei­der ge­hö­re ich nicht zu je­nen be­wun­derns­wer­ten Chris­ten, für die der Glau­be ab so­fort ein Hal­le­lu­ja­glau­be ist, der kei­ne Not des Ster­bens und kei­ne Angst vor dem Tod mehr kennt. Das ist ja auch nicht ver­wun­der­lich, wenn man be­denkt, dass ich Tho­mas hei­ße und der Na­me si­cher nicht nur ei­ne Fra­ge der be­lieb­tes­ten Vor­na­men, son­dern ei­ne Le­bens­auf­ga­be ist.
Schau­en wir uns das Os­ter­e­van­ge­li­um heu­te an und all‘ die an­de­ren Os­ter­ge­schich­ten des 2. Tes­ta­men­tes, dann hat­te es ja die Os­ter­bot­schaft bei al­len Be­tei­lig­ten nicht so leicht. Und das ist durch­aus sym­pa­thisch und spricht da­für, dass hier nie­mand ir­gend­ei­ne Trick­kis­te ge­öff­net hat.
Dass die ers­ten Zeu­gen für die Auf­er­we­ckung Je­su Ma­ria Mag­da­le­na und an­de­re Frau­en sind, ist nur recht und bil­lig. Wa­ren sie es doch, die Je­sus, wenn auch in ei­ni­ger Ent­fer­nung, bis in sei­ne dun­kels­ten und si­cher auch schmerz­lichs­ten Stun­den sei­nes Le­bens be­glei­tet ha­ben. Das kann kei­ner der männ­lich Nach­fol­gen­den von sich sa­gen.
Dass Je­sus hin­ge­rich­tet wur­de, war für sei­ne Jün­ge­rin­nen und Jün­ger ei­ne gro­ße Er­schüt­te­rung. Der Evan­ge­list Mat­thä­us schil­dert Os­tern da­her auch als ei­ne gro­ße Er­schüt­te­rung. Plötz­lich ist das Al­ler­ge­wis­ses­te, der Tod, das Al­ler­frag­lichs­te. Frei­lich bleibt die Auf­er­ste­hung Je­su, so wie Vie­les im Le­ben, un­sicht­bar und un­be­greif­lich. Das lee­re Grab ist kein schla­gen­der Be­weis für die Auf­er­we­ckung Je­su. Es gibt nur Leu­te, in de­nen so­zu­sa­gen wie ein Ur­knall die Os­ter­er­fah­rung ex­plo­diert ist, weil sie der Ge­lieb­te als Le­ben­der und nicht als To­ter be­rührt hat. Es ist wich­tig fest­zu­hal­ten, dass die Os­ter­er­fah­rung kei­ne Denk­leis­tung war oder die Wei­ge­rung, den Tod Je­su an­zu­er­ken­nen. Im­mer ist es Je­sus, der ir­gend­wie ent­ge­gen­kommt und sich zur Er­fah­rung wer­den lässt. Es wird be­haup­tet, dass Glau­be vom Hö­ren kommt. Die Os­ter­ge­schich­ten sa­gen uns, dass das nicht reicht. Glau­be kommt von Er­fah­rung und Be­geg­nung. Nie­mand soll die Jün­ge­rin­nen und Jün­ger des An­fangs be­nei­den. Was ih­nen pas­sier­te, kann auch uns pas­sie­ren. Lei­der sind wir manch­mal aus Angst und schlech­ten Er­fah­run­gen die­je­ni­gen, die in die schein­ba­re Si­cher­heit von Ge­wiss­hei­ten, oh­ne wirk­li­ches zu wis­sen, ge­flüch­tet sind. Das ist wie ein Grab, vor des­sen Ein­gang ein schwe­rer Stein ge­rollt ist.
Es ist tat­säch­lich manch­mal ein ge­wal­ti­ges Erd­be­ben nö­tig, um uns aus Grä­bern zu be­frei­en, in die wir uns selbst ein­ge­sperrt ha­ben. Es sind auch En­gel nö­tig, die Stei­ne weg­rol­len, da­mit wir wie­der ins Licht und in das wirk­li­che Le­ben fin­den.
Wir fei­ern Os­tern am Be­ginn des Früh­lings, in je­ner Zeit des Jah­res, in der es wie­der ös­ter­lich grünt und blüht. Was für ein schö­nes Bild da­für, was Os­tern und Gott sel­ber auch in un­se­rem Le­ben be­wir­ken will.
Ich wün­sche uns al­len, dass Je­sus uns ir­gend­wie ent­ge­gen­kommt und uns Os­tern zu ei­ner per­sön­li­chen, froh­ma­chen­den Er­fah­rung wird. Das muss nicht spek­ta­ku­lär sein, viel­leicht manch­mal erst im Nach­hin­ein er­kannt, wie bei den Em­ma­us­jün­gern. Aber es wird das Le­ben stär­ken, un­se­re Hoff­nung eben­so. Das lasst uns jetzt und im­mer wie­der, nicht nur in Got­tes­diens­ten, fei­ern. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)