(Ps 23; Röm 6, 3–11; Mt 28, 1–10)
Liebe Schwestern und Brüder,
ich spüre in mir als Prediger zunächst die Versuchung, Ostern plausibel zu machen. So, als könnte es am Ende einfach nur „klick“ machen und Ostern sonnenklar ist. Leider gehöre ich nicht zu jenen bewundernswerten Christen, für die der Glaube ab sofort ein Hallelujaglaube ist, der keine Not des Sterbens und keine Angst vor dem Tod mehr kennt. Das ist ja auch nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass ich Thomas heiße und der Name sicher nicht nur eine Frage der beliebtesten Vornamen, sondern eine Lebensaufgabe ist.
Schauen wir uns das Osterevangelium heute an und all‘ die anderen Ostergeschichten des 2. Testamentes, dann hatte es ja die Osterbotschaft bei allen Beteiligten nicht so leicht. Und das ist durchaus sympathisch und spricht dafür, dass hier niemand irgendeine Trickkiste geöffnet hat.
Dass die ersten Zeugen für die Auferweckung Jesu Maria Magdalena und andere Frauen sind, ist nur recht und billig. Waren sie es doch, die Jesus, wenn auch in einiger Entfernung, bis in seine dunkelsten und sicher auch schmerzlichsten Stunden seines Lebens begleitet haben. Das kann keiner der männlich Nachfolgenden von sich sagen.
Dass Jesus hingerichtet wurde, war für seine Jüngerinnen und Jünger eine große Erschütterung. Der Evangelist Matthäus schildert Ostern daher auch als eine große Erschütterung. Plötzlich ist das Allergewisseste, der Tod, das Allerfraglichste. Freilich bleibt die Auferstehung Jesu, so wie Vieles im Leben, unsichtbar und unbegreiflich. Das leere Grab ist kein schlagender Beweis für die Auferweckung Jesu. Es gibt nur Leute, in denen sozusagen wie ein Urknall die Ostererfahrung explodiert ist, weil sie der Geliebte als Lebender und nicht als Toter berührt hat. Es ist wichtig festzuhalten, dass die Ostererfahrung keine Denkleistung war oder die Weigerung, den Tod Jesu anzuerkennen. Immer ist es Jesus, der irgendwie entgegenkommt und sich zur Erfahrung werden lässt. Es wird behauptet, dass Glaube vom Hören kommt. Die Ostergeschichten sagen uns, dass das nicht reicht. Glaube kommt von Erfahrung und Begegnung. Niemand soll die Jüngerinnen und Jünger des Anfangs beneiden. Was ihnen passierte, kann auch uns passieren. Leider sind wir manchmal aus Angst und schlechten Erfahrungen diejenigen, die in die scheinbare Sicherheit von Gewissheiten, ohne wirkliches zu wissen, geflüchtet sind. Das ist wie ein Grab, vor dessen Eingang ein schwerer Stein gerollt ist.
Es ist tatsächlich manchmal ein gewaltiges Erdbeben nötig, um uns aus Gräbern zu befreien, in die wir uns selbst eingesperrt haben. Es sind auch Engel nötig, die Steine wegrollen, damit wir wieder ins Licht und in das wirkliche Leben finden.
Wir feiern Ostern am Beginn des Frühlings, in jener Zeit des Jahres, in der es wieder österlich grünt und blüht. Was für ein schönes Bild dafür, was Ostern und Gott selber auch in unserem Leben bewirken will.
Ich wünsche uns allen, dass Jesus uns irgendwie entgegenkommt und uns Ostern zu einer persönlichen, frohmachenden Erfahrung wird. Das muss nicht spektakulär sein, vielleicht manchmal erst im Nachhinein erkannt, wie bei den Emmausjüngern. Aber es wird das Leben stärken, unsere Hoffnung ebenso. Das lasst uns jetzt und immer wieder, nicht nur in Gottesdiensten, feiern. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)