(Dtn 4, 1–2.6–8; Jak 1, 17–18.21b-22.27; Mk 7, 1–8.14–15.21–23)
Liebe Schwestern und Brüder,
es ist ja wohl selbstverständlich, dass man sich erst einmal die Hände wäscht, wenn man von Draußen kommt und zum Essen geht. Jedenfalls mussten wir als Kinder unsere Hände immer vorzeigen, bevor es zum Essen ging. Da kann man also gegen die Beschwerde der Pharisäer nichts einwenden, wenn sie sich darüber beklagen, dass sich die Jünger vor dem Essen nicht die Hände wuschen.
Aber so einfach ist die ganze Sache wohl nicht, zumal dieses Waschen ja vor allem eine rituelle und religiöse Bedeutung hatte. So richtig können wir heute damit nicht viel oder gar nichts anfangen, vor allem mit der dahinterliegenden Vorstellung von „Reinheit“ Gott gegenüber nicht. Schwierig wird es ja vor allem auch dann, wenn Vorschriften, Gesetze und Traditionen zu reinen Äußerlichkeiten verkommen und eher verhindern, dass man in Gottes Sinne handelt.
Offensichtlich hatte das auch schon Jesus und viele Propheten vor ihm gestört. Jesus bringt auf den Punkt, was immer auf den Punkt gebracht werden muss, wenn Äußerlichkeiten wichtiger werden als Inhalte. Gott will doch nicht einfach nur dies und das, nicht eine bloße Sonntagspflicht, noch Gebete, die aus Pflicht gebetet werden, auch nicht, dass der Priester kein Wort aus dem Messbuch verändern darf, so als breche gleich damit das ganze religiöse System zusammen. Hart ist, wenn Jesus sagt: „Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferungen der Menschen“ (Mt 7,8). Manche tun ja gelegentlich geradezu so, als wäre schon etwas deswegen richtig und wahr, weil es lange Tradition ist. Leider könnten diese auch schon lange falsch sein. Es ist also wichtig, immer wieder zu überprüfen, ob Gesetze, Vorschriften und Traditionen noch dem Menschen und dem Leben dienen oder nicht.
Nicht nur irgendein „Volk“ ehrt Gott nur mit den Lippen, sondern alle religiösen Menschen sollten sich immer wieder ehrlich fragen, worum es ihnen eigentlich geht? So manch‘ religiöser Aktionismus kann durchaus ein Hinweis darauf sein, dass man eines Gott nicht geben will, nämlich sein Herz. Wie schon gesagt und immer wieder gerne gesagt: genau darauf verwiesen und verweisen alle Propheten und Prophetinnen, dass es Gott um das Herz geht und darum, dass wir von einer liebevollen Gesinnung erfüllt und getrieben werden.
In der jüdischen Vorstellung sind die Begriffe „rein“ und „unrein“ Bildworte für die Gottfähigkeit des Menschen. Was ihn also gottunfähig macht, ist eine herzlose Haltung, eine Haltung, die anderen Menschen schadet, die unsolidarisch und unmenschlich ist. Davor sind auch jene nicht gefeit, die sich auf Gott und ihren Glauben berufen oder angeblich in seinem Namen sprechen.
Wie heißt es bei dem Evangelisten Matthäus, Kapitel 7, Vers 16? „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen!“ Gott wird am Ende nicht danach fragen, ob wir in einer und in welcher Religion wir waren, wieviel wir gebetet und in seinem Namen geopfert haben. Nein, seine Frage wird lauten: wie groß und offen war dein Herz? Wie sehr hast du auf die Liebe gehört und bist ihr gefolgt?
Darum sollten wir uns in jedem Falle und mit Gottes Hilfe und Geist bemühen. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)