(Ex 34, 4b.5–6.8–9; 2 Kor 13, 11–13; Joh 3, 16–18)
Liebe Schwestern und Brüder,
dass Gott ein Geheimnis ist, dürfte niemanden überraschen. Wir sollten uns hüten, heute so zu tun, als könnten wir dieses Geheimnis lüften. Das kann nur in einer Gotteslästerung enden. Nicht umsonst werden wir bei den sog. „10 Weisungen“ aufgefordert, uns kein Bildnis zu machen.
Denke ich über mich selbst nach, bin ich mir ja selber oft ein Geheimnis. Die Psychologie lehrt uns, dass der größte Teil unserer Seele im Unbewussten verbleibt. Wenn ich also schon Mühe habe, mich selber zu verstehen, wie will ich dann die Komplexität anderer verstehen? Es ist geradezu ein Wunder, dass bei so viel Komplexität überhaupt Beziehung möglich ist.
Und wenn ich mir dann noch die atemberaubende Komplexität des Mikro‑, wie des Makrokosmos vor Augen führe, dann frage ich mich schon, weshalb wir uns so oft und sträflich nachlässig für besonders klug halten. Gerade im Bezug auf das Klima und unsere Mitwelt wissen wir eigentlich , wie komplex alles miteinander verbunden ist und handeln trotzdem nicht nach unserer Einsicht.
Im Grunde zeigt unser Handeln, dass wir vom Geheimnis der Dreifaltigkeit nichts „verstanden“ haben, wenn man das mal so sagen darf. Denn Dreifaltigkeit weist doch darauf hin, dass das Grundgeheimnis allen Lebens und Seins liebevolle Beziehung ist, auch wenn dem so Vieles im Leben zu widersprechen scheint.
In den Texten der Bibel zu diesem Hochfest wird nicht das Geheimnis „Gott“ erklärt, sondern beschrieben, wie Gott zu uns und aller Wirklichkeit steht, wie Menschen dieses Geheimnis erfahren haben, freilich in menschlich sehr begrenzter Sprache und begrenzenden Worten und Bildern.
Mose erfährt Gott am Sinai als einen Gott, der vor allem gnädig, langmütig und reich an Huld und Treue ist. Wir können oft nur um Vergebung bitten, weil wir das eben so oft nicht sind. Aber Gott ist kein Scharfrichter, mit dem man drohen kann. Wer dies tut, verletzt das Geheimnis Gottes und missbraucht seinen Namen.
Paulus beschreibt Gott in seinem Brief an die Korinther als einen Gott der Liebe und des Friedens (V11). So oft spricht Paulus von Gnade, nicht im Sinne von Begnadigung, sondern von unverdienten Geschenk, trotz und in allem.
Im Johannesevangelium wird genauso innig darauf verwiesen, dass Gott die Welt so sehr geliebt hat, dass er unser Leben will, nicht richten und verurteilen, sondern retten will. Aber woraus denn?
Vor allem aus der zerstörerischen Angst vor Gott, aus allem Mangel an Liebe zu Gott, zum Nächsten, zur Schöpfung. Wo der Gott der Liebe und des Friedens mit uns ist und sein darf, dort wächst liebevolle Beziehung, da hört das einfache Entschuldigen auf, das ewige Vorurteilen und gnadenlose Richten, das Verdrängen und Wegerklären von not-wendenden Schritten der Umkehr zum Leben und zu einem liebevollerem Dasein.
Dazu bekennt sich, wer an Dreifaltigkeit zu glauben versucht. Nicht Zahlen sind entscheidend, nicht ein Geschlecht, nicht das Erklären von Unerklärlichen. Entscheidend ist am Ende ein Herz, das zu lieben versucht und an die Liebe glaubt, was immer auch geschieht. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)