Ern­te­dank­sonn­tag (26.09.2021)

(Jes 65, 17–25; Röm 8, 19–26; Lk 17, 11–19)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
es ist äu­ßerst schwie­rig, am Ern­te­dank­sonn­tag nicht auch an das Lei­den der Ge­schöp­fe und der Mut­ter Er­de zu den­ken und nur ei­ne Pre­digt zu hal­ten, die vor al­lem Mah­nung ist.
Ich er­in­ne­re mich an ei­ne Do­ku­men­ta­ti­on mit dem Ti­tel „Das krea­ti­ve Uni­ver­sum“, in der ein Wis­sen­schaft­ler so­zu­sa­gen von „ei­nem Elch ge­küsst wur­de“. Ich glau­be zu­min­dest, dass es ein Elch war. Ich ha­be die­se Sze­ne nicht ver­ges­sen, weil der Elch dem Wis­sen­schaft­ler et­was schenk­te, wo­nach sich vie­le Men­schen seh­nen, näm­lich nach in­ne­ren Frie­den. Die­ser Elch strahl­te für den Wis­sen­schaft­ler so et­was aus wie Frie­den, der sich mehr und mehr auf den Be­trach­ter über­trug. Ge­ra­de auch un­se­re Ur­lau­be, wenn sie mehr als sinn­lo­ser „Bal­ler­mann“ sind, we­cken in uns doch die Hoff­nung, dass das Meer, die Ber­ge oder in wel­cher Land­schaft wir uns im­mer auch auf­hal­ten, uns Er­ho­lung schen­ken mö­gen für See­le und Leib. Wie vie­le Haus­tie­re und Grün­pflan­zen da­heim er­freu­en un­ser Herz oder auch die Wild­tie­re und Ge­schöp­fe in der frei­en Na­tur. Der Wald z.B. ist nicht nur ei­ne An­samm­lung von Nutz­holz, son­dern ei­gen­stän­di­ger, kom­ple­xer Le­bens­raum, auch für vie­le an­de­re Tie­re und Pflan­zen.
Wir mer­ken al­so, wie gut uns die Ge­schöp­fe und die Na­tur an Leib und See­le tun. Da­für kön­nen wir nur dank­bar sein und es in ei­ner dank­ba­ren Wert­schät­zung kund­tun. Auch die Früch­te der Er­de wach­sen nicht ein­fach nur für uns, son­dern für sich selbst und den ei­ge­nen Le­bens­er­halt. Auf all das soll­te uns der Ern­te­dank­sonn­tag auch auf­merk­sam ma­chen. Zu­dem sa­gen uns die Mys­ti­ker, al­so die Got­ter­fah­re­nen, al­ler Re­li­gio­nen, dass Gott in al­len Din­gen wohnt und dar­in zu fin­den ist. Ich kann auch nicht mü­de wer­den, im­mer wie­der den wun­der­ba­ren Spruch der hei­li­gen Hil­de­gard von Bin­gen zu wie­der­ho­len, wie sehr sich al­le Krea­tur nach lie­ben­der Um­ar­mung sehnt. Es ist wirk­lich so, uns ein­ge­schlos­sen. Kli­ma­schutz ist nur ganz­heit­lich, wo er sich nicht nur Sor­gen um die Zu­kunft der Mensch­heit macht, son­dern sich prak­tisch dar­um be­müht, sei­ne Mit­ge­schöp­fe zu um­ar­men. Das tun wir, wenn wir für die Ge­schen­ke der Mit­ge­schöp­fe und der Na­tur acht­sam und lie­be­voll dank­bar sind. Das tun wir, wenn wir dar­an den­ken, dass nicht nur wir, son­dern auch sie die Han­deln­den und Schen­ken­den sind. Vor al­lem aber soll­ten Men­schen, die zu glau­ben ver­su­chen, dar­an den­ken, dass un­se­re Mit­ge­schöp­fe und die gan­ze Schöp­fung ein Sa­kra­ment der Ge­gen­wart Got­tes sind. Mit der Schöp­fung war­ten wir, wie der hei­li­ge Pau­lus im Rö­mer­brief schreibt, auf die Voll­endung von al­lem durch Gott. Schon im Ers­ten Tes­ta­ment wird von ei­nem neu­en Him­mel und ei­ner neu­en Er­de ge­träumt, wie wir es bei Je­sa­ja ge­hört ha­ben. Ei­ner Er­de, die sich auf himm­li­scher Ge­rech­tig­keit und himm­li­schen Frie­den grün­det, und zwar zwi­schen al­len Ge­schöp­fen und der Mut­ter Er­de. Wir ha­ben vie­le, vie­le Grün­de, im­mer wie­der dank­bar zu sein. Wenn wir die­se Grün­de nicht mehr se­hen, wird un­se­re Welt nur noch kalt und arm sein.
Doch wir fei­ern jetzt Eu­cha­ris­tie und wol­len wach­sen in dem, was die­ser Na­me be­deu­tet: näm­lich Dank­bar­keit für ei­ne Lie­be, die uns vom Gras­halm über den Elch bis hin zu Je­sus und vie­lem an­de­ren mehr be­rührt und zu dank­ba­ren Men­schen wan­deln will. Und die­se Dank­bar­keit soll­ten wir nicht nur zum Ern­te­dank­sonn­tag zei­gen, son­dern je­den Sonn­tag und ei­gent­lich Tag für Tag. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)