Fest der Hei­li­gen Fa­mi­lie (31.12.2023)

(Gen 15, 1–6 / 21, 1–3; Hebr 11, 8–19; Lk 2, 22–40)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
das Wort „Fa­mi­lie“ ist ein Syn­onym für die Sehn­sucht des Men­schen, ein Zu­hau­se zu ha­ben, nicht nur in Form von vier Wän­den, son­dern in Form von Her­zen, in de­nen man zu Hau­se sein darf. Auch sind die For­men von Fa­mi­lie sehr bunt und viel­fäl­tig.
Wenn Abram in der 1. Le­sung ge­sagt und ver­hei­ßen wird: „ Sieh doch zum Him­mel hin­aus und zäh­le die Ster­ne, wenn du sie zäh­len kannst! So zahl­reich wer­den dei­ne Nach­kom­men sein“ (Gen 15,5), dann ist das ei­ne Fa­mi­lie, die sich auf das grün­det, was von Abram we­nig spä­ter ge­sagt wird: „Und er glaub­te dem Herrn und das rech­ne­te der Herr ihm als Ge­rech­tig­keit an“ (V6). Der Glau­be Abrams grün­det sich nicht auf ein dog­ma­ti­sches Lehr­buch, son­dern er ist ei­ne ge­ra­de­zu ver­rück­te Hal­tung des Ver­trau­ens, das sich nicht auf Vor­stel­lungs­kraft, son­dern auf ei­ne eben­so ver­rück­te Ver­hei­ßung Got­tes stützt. Hier geht es al­so um ei­ne Glau­bens­fa­mi­lie, die sich nicht über Re­li­gi­on und Glau­bens­sät­ze, son­dern über Ver­trau­en de­fi­niert. Und da scheint ja zu­min­dest Gott sehr op­ti­mis­tisch zu sein. Aber letzt­lich lebt doch je­der Mensch von Ver­trau­en, wor­auf er das auch im­mer be­zie­hen mag.
Und schließ­lich ist da­zu kei­ne Re­li­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit nö­tig, es sei denn, sie ver­hilft zu die­sem Ver­trau­en, stärkt und för­dert es.
Han­na und Si­me­on aus dem Evan­ge­li­um sind wie Abram Vor­bil­der die­ses von Gott er­sehn­ten Glau­bens. Denn sie ha­ben das Ver­trau­en selbst dann nicht auf­ge­ge­ben, wo, rein mensch­lich be­trach­tet, ei­gent­lich kaum noch et­was zu er­hof­fen war. Das muss man erst ein­mal nach­ma­chen, mit ei­ner Ver­hei­ßung zu le­ben und de­ren er­hoff­te Er­fül­lung ein Le­ben lang durch­zu­hal­ten, oh­ne dass das Ver­hei­ße­ne An­stal­ten macht, in Er­fül­lung zu ge­hen. Die­se Art des Glau­bens, des nicht mehr be­gründ­ba­ren Ver­trau­ens, ist be­wun­derns­wert, ge­ra­de an­ge­sichts von sog. „Rea­li­tä­ten“, die uns oft an­de­res leh­ren.
Die­se bei­den vor­bild­li­chen Se­nio­ren wer­den plötz­lich ge­ra­de­zu zu Oma und Opa der Fa­mi­lie Je­su, die Je­sus spä­ter oh­ne­hin im­mer grö­ßer sah als nur sei­ne Bluts­fa­mi­lie, die ihn so­gar für ver­rückt er­klär­te (z.B. Mk 3, 21), weil er sich nicht in blo­ße Bluts­fa­mi­lie ein­sper­ren ließ. Wie ließ er die­sen aus­rich­ten, als man ihn her­aus­ho­len woll­te aus sei­nem, neu­en Be­zie­hungs­netz? „Wer ist mei­ne Mut­ter und wer sind mei­ne Schwes­tern und Brü­der? Und er blick­te auf die Men­schen, die im Kreis um ihn her­um­sa­ßen, und sag­te: das hier sind mei­ne Schwes­tern und Brü­der. Wer den Wil­len Got­tes tut, der ist für mich Bru­der und Schwes­ter und Mut­ter“ (Mk 3, 31–35).
„Wer den Wil­len Got­tes tut“, be­deu­tet, dass zum Ver­trau­en die Lie­be ge­hört. Denn der Wil­le Got­tes, so wie ihn Je­sus aus­ge­legt hat, ist der Geist der Lie­be. Zur Fa­mi­lie Got­tes al­so ge­hö­ren nicht zu­erst die, die in ei­ner Re­li­gi­on or­ga­ni­siert sind, son­dern die, die ver­su­chen, wirk­lich aus Glau­be und Lie­be zu le­ben. Die­se al­le ge­hö­ren heu­te zur „Hei­li­gen Fa­mi­lie“.
Mö­gen sie sich fin­den und ge­gen­sei­tig stüt­zen und ein­fach nur dank­bar sein, zu solch‘ ei­ner Hei­li­gen Fa­mi­lie ge­hö­ren zu dür­fen. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)