(Hos 2, 16b.17b.21–22; 1 Kor 11, 23–26; Joh 13, 1–15)
Liebe Schwestern und Brüder,
die Deutung des heutigen Tages, wie auch der kommenden Tage, steht heute im Evangelium, wenn es da in Vers 1 heißt: „Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung!“ Wir sprechen heute vom sog. „Letzten Abendmahl“, weil es eben das letzte von vielen Mahlen war, die Jesus nicht vor allem mit hochrangigen und auserwählten Aposteln, sondern mit Zöllnern und Sündern, mit normalen Frauen und Männern, gehalten hat. Es geht heute auch nicht etwa um die Einsetzung der Eucharistie, nicht um die Fußwaschung an sich, die heute effektvoll in vielen Kirchen nachgespielt wird. Nein, darum geht es nicht zuerst. Es geht zuerst um IHN und seine Geisteshaltung, die sein ganzes irdisches Dasein, Verkünden und Handeln geprägt hat. Die Adressaten sind eben auch nicht zuerst wieder irgendwie Auserwählte, nicht jene, die es scheinbar verdient haben, sondern jene, die gewöhnlich aus „heiligen“ Gemeinschaften exkommuniziert werden, weil sie moralisch und religiös nicht tragbar sind. Das ist doch anstößig bis heute.
Nicht erst am Gründonnerstag wird Jesus zum Brot in seinen Worten und Taten für viele, kann er sagen, dass er wie Brot für uns sein möchte, ein Lebensmittel im wahrsten Sinne des Wortes, und zwar nicht als Belohnung für sog. „Gerechte“, für die, die sich würdig fühlen dürfen, sondern als Kraftquell für alle, die unterwegs kraftlos und müde geworden sind.
Auch im Kelch ist nicht Blut, sondern Wein, der für Lebensfreude steht, die er vielen Menschen in seinen heilsamen Begegnungen wiedergeschenkt hat. Das ist der Kelch des neuen Bundes, den er mit seinem Blut bezeugen wird, wie wir es heute bei Paulus gehört haben.
Die missverständlichen Begriffe „Fleisch und Blut“ stehen im Johannesevangelium für das, wenn wir ausdrücken wollen, dass hier ein Mensch aus Fleisch und Blut handelt. Sie bedeuten immer das Menschsein und die Menschlichkeit Jesu.
Mit Sicherheit hatte Jesus auch bei der Fußwaschung keine Hierarchie, keine heilige Herrschaft, vor Augen, sondern eine neue Art von Miteinander, die nicht von Hauen und Stechen, nicht von Machtkämpfen und Ellenbogenmentalitäten, geprägt ist, sondern von dem Mut, nicht einander die Köpfe, sondern in aller Demut die Füße zu waschen. Das war nicht zum bloßen Nachspielen gedacht, nicht zum Bewundern dessen, dass ein „Herr“, ein Wichtiger und groß Geglaubter, sich vor einem Kleinen, einem angeblich Unwichtigen, beugt. Wenn es nicht wirklich eine alltäglich gelebte Geisteshaltung ist, und zwar Kindern, Jugendlichen, Frauen, Männern und alten Menschen gegenüber, dann sollte man das Nachspielen lieber lassen. Füße waschen bedeutet, Lebenswege anzuerkennen, die meistens nicht gerade sind, bedeutet eine Haltung einzunehmen, die nicht hochnäsig und überlegen von oben auf andere herabblickt, sondern die jede Art von Rassismus, auch religiösen, vehement ablehnt.
Diese wunderbare Haltung Jesu feiern wir heute, sie hat er täglich gelebt.
In ihr erblicken wir auch das Antlitz eines Gottes, dessen liebevolle Nähe so oft in Theorie und Praxis missbraucht wird. Hören wir auf, aus Gott ein Monster zu machen, der seinen Sohn wegen unserer Sünden sterben lässt, um Genugtuung zu erlangen. Damit kann man Menschen wunderbar belasten und unterdrücken.
Jesus starb um der Liebe willen, um der Liebe zu Gott und der Menschen, ja aller seiner Geschöpfe, willen. Das möge uns mit demütiger Dankbarkeit erfüllen und mit Lebensfreude und ‑kraft auf all‘ unseren Lebenswegen. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)