(Apg 1, 1–11; Eph 1, 17–23; Lk 24, 46–53)
Liebe Schwestern und Brüder,
ehrlich gesagt, mag ich keine Abschiede. Aber ich weiß, dass sie zum Leben gehören, dass man glückliche Momente nicht festhalten kann, wie eigentlich nichts auf dieser Welt, dass das Nichtgehenlassen auch ein Zeichen mangelnder Liebe sein kann. Schließlich geht Jesus ja zu dem, dem seine ganze Liebe gehört, von dem er und in dessen Namen er gesprochen und vor allem gehandelt hat. Wenn uns also Himmelfahrt etwas lehrt, dann zunächst einmal das Loslassen, und zwar nicht nur im Hinblick auf Menschen, sondern auch im Hinblick auf Einstellungen, Liebgewordenes, erstarrte und lebenshinderliche Strukturen etc. Loslassen hat dann mit einem Zugewinn an Freiheit zu tun, innerlich wie äußerlich, für mich, wie für andere.
Abschiede sind schwer, man mag sie nicht mögen. Aber wenn sie das Leben einfordert, sollten wir versuchen, zuzustimmen.
Ein Zweites fiel mir zu den biblischen Texten auf. Es geht nicht nur um Abschiede, sondern auch um das Warten. Fast erinnert es uns an den Advent, der uns deutlich macht, wie wichtig für unser Leben das Warten können ist. Auch das ist nicht unbedingt einfach und fällt vielen Menschen schwer.
Jesus selber sagt uns heute, dass wir warten sollen. Wir sollen warten auf den Heiligen Geist, auf die „Kraft aus der Höhe“, wie es im Evangelium hieß (Lk 24, 49). Die Zeit zwischen Himmelfahrt und Pfingsten ist ja eine ausdrückliche Zeit des Bittens um den Heiligen Geist, obwohl in den Texten heute nichts davon steht, dass wir bitten sollen. Jesus sagt nur, dass wir warten und bleiben sollen, bis wir mit der Kraft aus der Höhe erfüllt werden. Das Warten und Bleiben fällt schwer, wenn die eigene Kraft ausgegangen ist, wenn man gerade dringend diese Kraft von oben braucht und sie irgendwie auf sich warten lässt. Seien wir überzeugt davon, dass Er uns diese Kraft selbstverständlich und unbedingt schenken will. Wir sind ja schon von ihm gesegnete. Und trotz Abschied und Loslassen „kehrten die Jünger und Jüngerinnen in großer Freude nach Jerusalem zurück“ (V52). Sein Segen wird auch uns ermutigen, Abschiede zuzulassen, zu bleiben und zu warten, auch wenn die Kraft aus der Höhe noch nicht angekommen ist. Das nennt man auch Glauben oder Vertrauen trotz alledem. Aber eigentlich ist auch das schon ein Wunder des Himmels, der nicht oben oder unten, sondern vor allem in uns selber ist. Möge uns diese Erfahrung geschenkt sein. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)