(Dan 7, 2a.13b-14; Offb 1, 5b‑8; Joh 18, 33b-37)
Liebe Schwestern und Brüder,
das Leitwort des heutigen Diaspora-Sonntages „Werde Liebesbote!“ greift sicherlich das zentrale Anliegen Jesu auf. Er hat uns kundgetan in Wort und Tat, dass die Liebe zu Gott und zu unseren Nächsten, (die Mitgeschöpfe eingeschlossen), das Fundament des Willens Gottes ist und eines Christenlebens sein muss. Ja, man muss sogar sagen, dass dieses Leitwort dringend in einer Welt gelebt werden muss, die scheinbar auf vielen Ebenen erhebliche Mühe mit dem großen Wort „Liebe“ hat. Aber da sollten wir uns als Kirche natürlich nicht hinstellen und so tun, als müssten wir das der sog. „Welt“ ans Herz legen, die sowieso meistens in unseren Betrachtungen über sie schlecht wegkommt. Nein, das sollte sich die Kirche zuerst einmal selber sagen, die große Mühe hat, das Wort der Liebe mit Leben und konkreten Taten zu füllen. Es ist auch leicht gesagt, dass man Jesus nachfolgen möchte. Aber wenn es darum geht, seiner konkreten Liebe nachzufolgen, verweisen wir gerne auf das Kirchenrecht, die Weltkirche oder die Bücher über Lehre und Moral. Jesus steht ja nicht vor Pilatus um des Glaubens willen, sondern um der Liebe willen. Um die Wahrheit dieser Liebe ging es ihm doch. Um die Wahrheit der Liebe geht es auch heute und immer. Auch, wenn das Johannesevangelium etwas anderes nahe zu legen scheint, Jesus hätte sich nie in Wirklichkeit als König bezeichnet. Da legt der Evangelist schon sein Bekenntnis in den Mund Jesu. Nur du, Jesus, so will er sagen, nur du bist mein König und sonst nichts, weil du Liebe bist, und zwar konsequent bis in den Tod. Wie schnell fallen wir Menschen um, wenn unseren Worten Taten folgen sollen, wenn wir wegen der Liebe belächelt, angefeindet oder gar bedroht werden. Aber Jesus ist nicht umgefallen, man hat ihn auf seine Liebe festgenagelt. Wer hätte denn den Mut, sich neben Jesus zu stellen, wenn es hart auf hart kommt, wenn das leicht gesagte „Werdet Liebesbote!“ mit Hass, Ablehnung, ja Gewalt bombardiert würde? Hinzu kommt doch, dass die Kräfte unserer Liebe an einem seidenen Faden hängen, wenn unsere Nerven blank liegen und uns das Leben wirklich alles abverlangt!
Da steht nun Jesus heute am Christkönigssonntag vor Pilatus und sieht so gar nicht nach König aus und ist es trotzdem. Während Menschen mit König in der Regel Macht verbinden, die über andere herrscht, notfalls mit Gewalt und Angst, verbindet Gott in Jesus damit einzig die Macht der Liebe. Könige und Königinnen sind für ihn alle, die in einer oft harten und kalten Welt trotzdem ein bisschen Liebe zu leben versuchen. Sie stehen nicht selten ziemlich blöd vor den „Pilatussen“ und Massen der Liebelosen da. Aber sie sind die, die die Welt tatsächlich retten, auch wenn Manches scheinbar nicht mehr zu retten ist. Wenn wir heute also Christkönig feiern, dann feiern wir den Liebesboten Gottes und in ihm alle, die, so gut sie können und es ihnen gegeben ist, es ihm gleichtun wollen. Wir sollten gerade heute allen, die uns Liebesboten sind, ein herzliches Danke sagen. Und vielleicht bekommen wir ja auch eins. Von Gott her bestimmt! Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)