(1 Kön 19, 3–8; 1 Kor, 11, 23–26; Mk 14, 12–26)
Liebe Schwestern und Brüder,
Liebende kommen manchmal auf merkwürdige Ideen. Da können ganz simple Dinge plötzlich zum Ausdruck ihrer Liebe werden. Das kann dann z.B. eine Muschel sein, ein Stein, eine vertrocknete Blume oder was auch immer. Vermutlich kennt jeder von uns eigene Beispiele. Alles könnte zu einem Sakrament der Liebe werden, wenn Liebende das so wollen. Sie kämen nie und nimmer auf die Idee, es aller Welt zeigen zu müssen, zumal es die meisten ohne Erklärung gar nicht verstehen und schlimmstenfalls sich darüber lächerlich machen würden.
Nun frage ich mich, warum es bei dem Heiligen Brot anders sein soll? Es ist doch auch ein Liebeszeichen eines Liebenden für die, die ihn kennen, lieben und ihm nachfolgen wollen. Aber dieses Jahr gibt es keine Prozessionen, und das ist gut so, weil wir mal darüber nachdenken können, was wirklich der Kern dieses Festes ist. Es geht zuerst um einen Liebenden, Jesus von Nazareth, der seine Liebeshaltung in den Zeichen von Brot und Wein und in der Fußwaschung zum verdichteten Ausdruck gebracht hat. Und keiner, der zu lieben versucht, wird leugnen können, dass Liebe wie Brot, also ein Nahrungsmittel für Seele und Leib, ist! Keiner, der zu lieben versucht, wird leugnen können, dass Liebe wahre Ströme von Lebensfreude freisetzt (Wein), die geradezu die Augen und den ganzen Menschen zum Leuchten bringen. Und keiner, der zu lieben versucht, wird leugnen können, dass Liebe ihn nicht zum Machtmissbrauch verführen kann, sondern dass sie ihn im Gegenteil zu Hingabe und zur Selbstrücknahme drängt, damit sich der Geliebte in dieser Liebe groß, einzigartig und wertvoll erkennen und erfahren kann. Freilich, das kann man durchaus allen Menschen und Geschöpfen zeigen, aber nicht mit einer Monstranz in der Hand, sondern indem man selbst zu einer Monstranz der Liebe wird. So war Jesus, so hat er geliebt und gelebt, so wollte er sich in Brot, Wein und Fußwaschung verstanden wissen.
Vor allem aber wollte er, dass sich die ihm Nachfolgenden in diese Haltung hineinverwandeln, hineinkonsekrieren, lassen. Es geht nicht um Anbetung, sondern um Begeisterung für diese wundervolle und heilsame Lebenseinstellung, wie sie uns Jesus in Gottes Namen vorgelebt hat. Das bewirkt mehr als alle Prozessionen der Welt und ist und bleibt das schönste Sakrament der Gegenwart Gottes, außerhalb und innerhalb der Kirchen. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)