Hoch­fest Fron­leich­nam (08.06./11.06. 2023)

(Dtn 8, 2–3.14–16a; 1 Kor 10, 16–17; Joh 6, 51–58)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
als ich 1999 für ei­ni­ge Zeit in der Wüs­te Si­nai war, kam ei­nes Ta­ges ein Be­dui­nen­mäd­chen auf ei­nem Ka­mel an­ge­rit­ten. Sie wink­te mich zu sich und gab mir wort­los ih­re Was­ser­fla­sche zum Trin­ken. Das hat mich sehr be­rührt. Es war ein un­ver­hoff­tes und un­er­war­te­tes Zei­chen, gleich­sam ein Sa­kra­ment, al­so ein „hei­li­ges Zei­chen“, das uns wort­los mit­ein­an­der ver­band. Für Lie­ben­de oder für Men­schen, die Mensch­sein und Herz mit­ein­an­der zu tei­len wa­gen, kann al­les zum Sa­kra­ment ih­rer Lie­be wer­den.
Wenn wir al­so heu­te mit die­sem Hoch­fest Brot und Wein in den Mit­tel­punkt stel­len, dann dür­fen wir nie ver­ges­sen, dass sie hei­li­ges Zei­chen ei­nes wahr­haft gött­lich Lie­ben­den sind. Es geht al­so nicht zu­erst um los­ge­lös­te Zei­chen, son­dern um Ihn und sei­ne Lie­be.
Solch hei­li­ge Zei­chen der Lie­be sind ei­gent­lich et­was sehr In­ti­mes. Sie sind nicht für ei­ne frem­de Öf­fent­lich­keit ge­dacht, die die­se Zei­chen nicht ver­steht. Sie sind für je­ne ge­dacht, die in die­sem hei­li­gen Raum der Lie­be ste­hen.
An­ge­zün­det und ver­wan­delt durch die­se himm­li­sche Lie­be sol­len wir selbst zum hei­li­gen Zei­chen wer­den, zu Brot und Wein für je­ne Men­schen und Ge­schöp­fe, die sich nach heil­sa­mer und lie­be­vol­ler Be­geg­nung sehnen.

Das war das Le­bens­pro­jekt Je­su. Dar­um konn­te er sich und sein Le­ben leicht in Brot und Wein wie­der­erken­nen. Ge­nau das woll­te er im Na­men Got­tes für die Men­schen sein: wie näh­ren­des Brot, wie froh­ma­chen­der Wein für See­le und Leib. Ge­nau das soll­ten auch sei­ne Jün­ge­rin­nen und Jün­ger ver­in­ner­li­chen. Dar­um ist das Es­sen und Trin­ken sel­ber noch­mals ein hei­li­ges Zei­chen, weil es uns dar­an er­in­nert, kei­ne ver­äu­ßer­lich­te, son­dern ei­ne ver­in­ner­lich­te Fröm­mig­keit und Geis­tes­hal­tung zu pfle­gen.
Al­le Lie­be durch­weht ein Hauch von Ewig­keit, das Ver­spre­chen, dass der Ge­lieb­te nicht ster­ben wird. Der gro­ße fran­zö­si­sche Phi­lo­soph Ga­bri­el Mar­cel drück­te es so aus: „Ei­nen Men­schen lie­ben heißt sa­gen: du wirst nicht ster­ben.“
Je­sus sagt im heu­ti­gen Evan­ge­li­um: „Wer von die­sem Brot ist, wird in Ewig­keit le­ben.“ (Joh 6, 51) Ja, von sei­ner Lie­be le­ben wir. Sie trägt uns im Le­ben, im Ster­ben und über den Tod hin­aus. Die­ses Ver­trau­en muss uns in Fleisch und Blut über­ge­hen, das heißt näm­lich „sein Fleisch es­sen und sein Blut trin­ken“ (Joh 6, 53ff).
Mö­gen wir al­so heu­te nicht nur beim An­schau­en ver­wei­len. Mö­gen wir ver­in­ner­li­chen, was Er uns im Na­men Got­tes vor­ge­lebt und ver­kün­det hat.
Mö­gen wir sel­ber „Brot­exis­ten­zen“ sein, de­nen zu be­geg­nen ei­ne Quel­le der Kraft und der Freu­de ist. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)