Neun­zehn­ter Sonn­tag im Jah­res­kreis A (13.08.2023)

(1 Kön 19, 9ab.11b-13; Röm 9, 1–5; Mt 14, 22–33)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
wenn im Le­ben manch­mal neue Ab­schnit­te be­gin­nen, be­kommt man u.a. so man­che, gu­te Rat­schlä­ge. Be­vor ich 1978 zum Theo­lo­gie­stu­di­um nach Er­furt ging, be­kam ich den be­mer­kens­wer­ten Rat­schlag, doch bit­te­schön schon Glau­ben zu ha­ben. Denn im Stu­di­um wür­de man ihn nicht fin­den. Die­ser Rat­schlag war gut ge­meint, aber kom­plett falsch. Ver­mut­lich be­zog er sich auf ei­ne Art von Glau­ben, der da­von aus­ging, dass al­les, was in der Bi­bel steht, ge­nau­so und nicht an­ders pas­siert ist. Die­ser Glau­be wur­de tat­säch­lich er­schüt­tert, aber zu Recht. Denn die­se Art von Glau­ben steht auf wack­li­gen Fü­ßen, eher auf Sand, denn auf Fels. Und es ver­wun­dert mich schon, dass bis heu­te, selbst in al­ler­höchs­ter Stel­le, so ge­tan wird, als hät­te es noch kei­ne wis­sen­schaft­li­che Durch­drin­gung der Hei­li­gen Schrift ge­ge­ben. Da­bei hilft uns doch die theo­lo­gi­sche Wis­sen­schaft, aus ei­nem in­fan­ti­len, ei­nen er­wach­se­nen Glau­ben wer­den zu las­sen, der sich dar­auf grün­det, was letzt­lich die tiefs­te Aus­sa­ge­ab­sicht ei­nes bi­bli­schen Tex­tes ist.
Es wird doch nie­mand mehr al­len Erns­tes glau­ben, dass Je­sus wirk­lich über den See ge­gan­gen ist! Auch ein Sohn Got­tes durch­bricht da kei­ne Na­tur­ge­set­ze.
Na­tür­lich ist das Evan­ge­li­um ei­ne wun­der­schö­ne Glau­bens­ge­schich­te. Al­ler­dings zeigt sie uns zu­erst, wie we­nig oft von un­se­rem Glau­ben in den Stür­men des Le­bens, und wenn uns das Was­ser bis zum Hal­se steht, üb­rig­bleibt. Das war bei den gro­ßen Apos­teln nicht an­ders und wird es bis heu­te nicht an­ders sein. Wenn man nur auf das fi­xiert ist, was be­ängs­ti­gend ist, geht man tat­säch­lich un­ter.
In die­ser Ge­schich­te wird noch ein­mal deut­lich ge­macht, dass nicht der in­tel­lek­tu­el­le Zwei­fel das Ge­gen­teil von Glau­ben ist, son­dern die Angst. Sie lässt uns un­ter­ge­hen und vor lau­ter Ge­spens­tern je­nen nicht se­hen, der uns ei­nen trag­fä­hi­ge­ren Glau­ben schen­ken möch­te.
Was wir al­so zu­al­ler­erst mer­ken, ist, wie we­nig un­ser Glau­be manch­mal in den Müh­sa­len des Le­bens trägt. Das ist aber nicht schlimm. Denn wenn wir uns dann nicht selbst be­trü­gen und auch nicht in blo­ße Recht­gläu­big­keit flüch­ten, dann be­steht die Chan­ce, dass ER uns be­geg­nen kann. Nicht um­sonst heißt es: „so­gleich sprach Je­sus zu ih­nen…“ (V27) und bei Pe­trus: „Je­sus streck­te so­fort die Hand aus, er­griff ihn…“ (V31). Das soll uns zur Er­fah­rung wer­den, dass er so­fort da ist und da sein möch­te, wenn uns das Was­ser bis zum Hal­se steht. Vor al­lem aber soll uns je­ner Glau­be zu­ge­sagt und ge­schenkt sein, der in den Wor­ten steckt: „Habt Ver­trau­en, ich bin es, fürch­tet euch nicht!“ (V 27)
Die­ser ge­schenk­te Glau­be ist kein Be­sitz ein für al­le­mal und kei­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit, wie Pe­trus so­fort in sei­nem Über­ei­fer be­zeugt. Aber auch er macht ge­ra­de in die­ser schmerz­li­chen Er­kennt­nis die Er­fah­rung, dass der ge­schenk­te Glau­be hält und trägt.
Dar­in er­weist sich der Sohn Got­tes als Sohn Got­tes, dass er uns nicht im Stich lässt in un­se­rer Angst und Not und dass es sich lohnt, ihm zu ver­trau­en, wenn er doch über dem steht, was uns ver­sin­ken lässt.
Ist der Glau­be dar­an nicht viel ver­nünf­ti­ger, trag­fä­hi­ger und heil­sa­mer, als an­neh­men zu müs­sen, dass Je­sus wirk­lich über das Was­ser ge­gan­gen ist?
Ich wünsch­te, es könn­ten vie­le von uns freu­dig so zu glau­ben ver­su­chen, wie es die Ab­sicht des Evan­ge­lis­ten war. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)