(Ex 3; Röm 6, 1–11; Mk 16, 1-8)
Liebe Schwestern und Brüder,
welchen Grund kann jemand haben, den letzten Vers des Osterevangeliums (V8) im Lektionar einfach wegzulassen? In Vers 8 heißt es: „Da verließen sie (die Frauen) das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemand etwas davon, denn sie fürchteten sich.“ Ich glaube, da kann es nur einen Grund geben, diesen Vers wegzulassen: er passt scheinbar nicht zu einer bestimmten Vorstellung vom Osterglauben. Wie will man auch mit einem solchen Vers aus voller Kehle „Halleluja“ singen? Es ist schade, dass wir uns so oft Vieles zurechtbiegen, bis es in unsere Vorstellung passt! Dabei ist dieser letzte Vers so wichtig und tröstlich und typisch für jede Art von Osterglauben. Denn egal, in welchem Evangelium wir lesen, der Osterglaube wurde allen überraschend durch Jesus selbst geschenkt. Natürlich hätte sich schon die Hoffnung heimlich in den Herzen ausbreiten können. Denn schließlich glaubten ja alle an den „Ich-bin-da“, an jenen also, der schon vor dem Tod Ostern stiftet, indem er zum Leben und zur Weite befreit, herausführt aus allem, was Hoffnungslosigkeit, Angst, Unterdrückung, Verzagtheit und verkümmertes Leben bedeutet. Aber manchmal ist das Leben so schmerzlich „real“, dass sich unsere Träume, unsere Hoffnungen, ja unser Glaube oft zu schnell in Luft auflösen.
Aber es gibt Menschen, wie Maria aus Mágdala, Maria, die Mutter des Jakobus und Salome, bei denen sich eines nicht aufgelöst hat, und das war ihre treue Liebe zu Jesus. Ihre Liebe hatte die Kraft, Jesus am Kreuz verrecken zu sehen, denn das Kreuz war kein Sterbebett. Das war kein Heldentod, das war ein ganz und gar menschlicher Tod, so menschlich wie alles an Jesus und seinem Leben war. Und diese Liebe der Frauen endete nicht mit dem Tod, sondern wuchs darüber hinaus. Insofern brannte schon Ostern in ihnen, weil alle Liebe schon eine Ostererfahrung ist. Der Osterglaube hat sehr viel mit Liebe zu tun, mit allen Höhen und Tiefen, die eine jede Liebe kennt. Das gilt für Gott natürlich auch, dessen Liebe zu glauben die Menschen sich immer wieder schwertun, besonders dann, wenn das Leben schwer und unverständlich wird. So kennt jeglicher Osterglaube Furcht und Entsetzen, denn so selbstverständlich ist eben kein Vertrauen, schon gar nicht, wenn uns das unendliche Geheimnis berührt und überwältigt. Was die Frauen da erlebten, war nicht erwartet, war und ist nicht einfach vorstellbar. Deswegen hatten sie Angst, es zu erzählen. Denn man würde sie doch eh für verrückt halten und als Zeuginnen nicht ernst nehmen. Aber ihre Liebe war schon so wunderbar verrückt und stark, so dass Ostererfahrung eigentlich wiederum nicht so überraschend war. Sie hatten etwas Unglaubliches erlebt, schon am Karfreitag. Ostern war das unglaubliche Wunder, dass ihre Liebe nicht umsonst war, dass die Liebe, vor allem Jesu Liebe, Recht hat vor und nach dem Tod.
Was für die Frauen gilt, gilt erst recht für Jesus und Gott. Ihrer Liebe kann man wirklich nichts mehr hinzufügen. Das Kreuz ist ein Liebeszeichen und kein Sühne- oder Opferzeichen. Möge uns Gott doch dieses Vertrauen ins Herz und ans Herz legen!
Der Osterglaube ist ein Weg, vielleicht ein lebenslanger, mit Höhen und Tiefen, mit Furcht und Entsetzen. Stehen wir zu einem Glauben, der kein Besitzstand, sondern ein dynamischer Prozess ist, an dessen Ende vermutlich immer etwas mehr Schweigen und ein dickes „Danke“ stehen. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)