Os­tern 2024 (31.03.)

(Jes 55, 1–11; Röm 6, 3–11; Mk 16, 1-8)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
„da ver­lie­ßen sie das Grab und flo­hen; denn Schre­cken und Ent­set­zen hat­te sie ge­packt. Und sie sag­ten nie­man­den et­was da­von, denn sie fürch­te­ten sich sehr“ (Mk 16,8). Die­ser Vers fehlt im of­fi­zi­el­len Lek­tio­nar und ich fra­ge mich im­mer wie­der, war­um? Passt der Vers nicht in die ge­woll­te Hal­le­lu­ja­stim­mung, die jetzt er­war­tet wird? Da­bei ist doch aus­ge­rech­net die­ser Vers so mensch­lich sym­pa­thisch und zeigt, dass auch der Os­ter­glau­be et­was Dy­na­mi­sches ist. Er ist eben nicht zwei­fel-los und ver­än­dert gleich al­les au­to­ma­tisch in ei­ne „null-pro­ble­mo-Glau­bens­welt“.
Ich weiß nicht, ob es über­haupt ei­nen Os­ter­glau­ben gibt, an des­sen An­fang nicht auch ein Er­schre­cken steht und der mich im­mer wie­der auch an den An­fang zu­rück­keh­ren lässt.
Viel­leicht be­ginnt ja der Os­ter­glau­be auch mit dem Er­schre­cken dar­über, dass mir mit zu­neh­men­den Al­ter be­wusst wird, dass ich ster­ben muss. Vor­her be­geis­tern mich mög­li­cher­wei­se Glau­bens­sät­ze. Spä­ter spü­re ich ei­ne ge­wis­sen Glau­bens­zu­mu­tung. Ich spü­re, dass mich nicht schö­ne Ge­dan­ken und Sät­ze tra­gen, son­dern ein ge­wis­ses Ge­fühl des Ge­tra­gen­seins. Os­tern ist die un­end­li­che Zu­sa­ge, dass wir in al­le Ewig­keit un­end­lich Ge­lieb­te und Ge­tra­ge­ne sind, wa­ren und sein wer­den. Da geht es nicht dar­um, sich ir­gend­et­was vor­stel­len zu kön­nen. Da geht es um Ver­trau­en, das sich traut, oh­ne dop­pel­ten Bo­den und Si­cher­heits­gur­te.
Die­se Bot­schaft ist ei­ne Hoff­nung über den Tod hin­aus. Aber sie soll jetzt schon ver­än­dernd tra­gen.
Wis­sen Sie, was Ster­ben­de im Hos­piz oft sa­gen, wenn sie an das den­ken sol­len, was sie viel­leicht ver­säumt ha­ben? Da wer­den fünf Din­ge ge­nannt:

„1. Ich wünsch­te, ich hät­te den Mut ge­habt, mir selbst treu zu blei­ben, statt so zu le­ben, wie an­de­re es von mir er­war­ten.
2. Ich wünsch­te, ich hät­te nicht so viel ge­ar­bei­tet.
3. Ich wünsch­te, ich hät­te den Mut ge­habt, mei­nen Ge­füh­len Aus­druck zu ver­lei­hen.
4. Ich wünsch­te, ich hät­te den Kon­takt zu mei­nen Freun­den ge­hal­ten.
5. Ich wünsch­te, ich hät­te mir mehr Freu­de ge­gönnt.“
(aus: Bron­nie Wa­re, 5 Din­ge, die Ster­ben­de am meis­ten be­reu­en: Ein­sich­ten, die Ihr Le­ben ver­än­dern wer­den)

Die­se fünf Din­ge könn­ten mich jetzt schon er­schre­cken las­sen, aber der Be­ginn von Os­tern sein schon vor dem Ster­ben und dem Tod. Denn nichts Ge­rin­ge­res tat Je­sus für vie­le Men­schen in de­ren ir­di­schen Le­ben. Auch er ver­trös­te­te nicht auf ei­nen ös­ter­li­chen Him­mel nach dem Tod. Er ließ Him­mel schon jetzt an- und ein­bre­chen, in­dem er Men­schen heil­te an Leib und See­le und da­durch er­fahr­bar mach­te, dass ge­nau­so Gott schon jetzt heil­sam na­he ist und sein will.
Na­tür­lich geht es auch um ei­ne Hoff­nung über den Tod hin­aus. Aber sie soll jetzt schon Os­tern be­gin­nen las­sen.
Das wün­sche ich uns heu­te und in al­les Er­schre­cken das Licht sei­ner heil­sa­men Ge­gen­wart, da­mit am En­de un­se­res Le­bens nicht zu viel „fünf Din­ge“ be­wusst wer­den, son­dern vor al­lem ein ös­ter­li­ches Ver­trau­en ist und bleibt. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)