(Jes 50, 4–7; Phil 2, 6–11; Mt 21, 1–11)
Liebe Schwestern und Brüder,
es ist bewundernswert, wie konsequent Jesus seinen Weg geht. Es ist bewundernswert, mit welch innerlicher Freiheit er redet und handelt.
Für den Evangelisten Matthäus erfüllt sich heute prophetische Verheißung, dass hier eben nicht ein üblicher König machtvoll daherkommt und sich feiern lässt, sondern ein Mensch, der sanftmütig ist und auf jegliche Machtdemonstration verzichtet. Auf einem Esel zu reiten, lässt in den Augen derer, die auf Statussymbole jeglicher Art Wert legen, selber einen Esel sein. Hält man nicht auch heute jene für einen Esel, wenn sie nicht mitmachen in den Wettkämpfen um noch größere Statussymbole, die nicht mitmachen, wo abweichende Meinungen und Anderssein niedergebrüllt werden, die nicht mitreiten auf den hohen Rössern der Selbstgefälligkeit, Unbarmherzigkeit und lebensfeindlicher Besessenheiten? Das gilt natürlich auch für die Religionen.
Vielleicht wird sich mancher beim genauen Zuhören des Evangeliums auch verwundert gefragt haben, wie Jesus eigentlich auf einer Eselin und einem Fohlen zugleich sitzen soll? Das könnte man eigentlich gleich beim Übersetzen so formulieren, wie es ursprünglich gemeint war. Das „Und“ war nämlich als Erklärung gemeint, nämlich im Sinne von: und zwar auf einem Fohlen. Also reitet Jesus nicht einmal auf einem ausgewachsenen Esel, sondern auf einem Fohlen, auf dem wohl eher die Kinder reiten.
Wortlos spricht Jesus hier ganz prophetisch, wie wenig alle, auch religiöse, Machtdemonstration irgendetwas mit seinem Gott zu tun hat. Und vergessen wir nicht: Jesus war komplett verrückt gottverliebt. Eigentlich hatte er doch nur einen Wunsch, nämlich den, alle seine Worte und Taten als Hinweisschilder zu sehen, wie sein geliebter Abba-Gott tickt, fühlt und handelt. Jesus tritt so sehr hinter diesem Anliegen zurück, dass er selber fast dahinter verschwindet.
Seit Menschengedenken sehnen sich die Menschen nach einem „König“, nach einem Hirten, nach einem Verantwortlichen, der nicht hoch zu Ross und fern aller Menschenrealitäten daherkommt, sondern der einer ist, dessen Macht nicht ängstigt und niederdrückt, sondern entängstigend und aufrichtend ist, sanftmütig, liebevoll und liebenswert.
Es heißt im Evangelium, dass die ganze Stadt erbebte, als Jesus in Jerusalem einzog (V10). Die Menschen spürten wohl, wie sehr Jesus, der Nichtpriester und Handwerker, das gewohnte, religiöse System und Denken auf den Kopf stellte, wie sehr das auch jene Existenzberechtigungen in Frage stellte, die von diesem System lebten. Sie sind es ja dann auch, die in und mit Jesus diesen revolutionären Ansatz zu töten versuchten.
Das Schicksal Jesu ist auch das Schicksal Gottes. Es erklärt nicht alles, räumt nicht alle Zweifel aus, erspart nicht Gottesfinsternisse und dunkle Nächte. Aber wir glauben und feiern einen Gott, dessen Liebe nicht zeitweilig, sondern ewig ist und der uns an sein Herz drückt und seinen Arm um uns legt, besonders da, wo es uns gerade so schwer ums Herz ist.
Dafür lasst uns jetzt, die kommenden Tage und eigentlich immer wieder einfach nur „Danke“ sagen. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)