Palm­sonn­tag B (24.03.2024)

(Jes 50, 4–7; Phil 2, 6–11; Mk 11, 1–10)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
der Esel al­so, auf dem heu­te Je­sus in Je­ru­sa­lem ein­rei­tet, ist das Sa­kra­ment sei­ner Geis­tes­hal­tung. Im Na­men Got­tes un­ter­streicht Je­sus ein­mal mehr, dass das Gött­li­che nicht ge­walt­sam da­her­kommt, dass es be­schei­den ist und ge­ra­de­zu um ei­nes bet­telt, was es oft am we­nigs­ten be­kommt: näm­lich lie­be­vol­le Dank­bar­keit. Die Pas­si­on, die heu­te nicht zum Palm­sonn­tag ge­hört, ver­weist auf die Ge­walt, die lei­der von Men­schen aus­ge­hen kann und die so­gar im­mer wie­der re­li­gi­ös ge­recht­fer­tigt wird. Nicht Gott woll­te den Tod sei­nes Soh­nes, nicht „die Ju­den“, wie es lei­der pau­schal in der Jo­han­nes­pas­si­on im­mer wie­der heißt und an­ti­se­mi­ti­sche Vor­ur­tei­le be­stär­ken kann.
(Dar­um plä­die­re ich da­für, die Pas­si­on des je­wei­li­gen Kir­chen­jah­res am Kar­frei­tag zu le­sen und nicht ein­sei­tig im­mer nur die Jo­han­nes­pas­si­on.)
Den Tod Je­su woll­te die re­li­giö­se Eli­te , voll­streckt ha­ben ihn die staat­li­chen Be­hör­den. Aber des­we­gen kann die re­li­giö­se Eli­te nicht ih­re Hän­de in Un­schuld wa­schen und so tun, als hät­ten sie mit dem Tod Je­su nichts zu tun.
Aber zu­rück zum Sa­kra­ment des Esels. Auch er war frei­lich nicht das Sym­bol der Mäch­ti­gen, son­dern eher der Macht­lo­sen. Je­sus kann­te wohl die Stel­le aus dem Buch Sachar­ja, wo es heißt: „Jub­le laut, Toch­ter Zi­on! Jauch­ze, Toch­ter Je­ru­sa­lem! Sie­he, dein Kö­nig kommt zu dir. Ge­recht ist er und Ret­tung wur­de ihm zu­teil, de­mü­tig ist er und rei­tet auf ei­nem Esel, ja, auf ei­nem Esel, dem Jun­gen ei­ner Ese­lin.“ (Sach 9,9)

Das sind pro­phe­ti­sche Zei­chen, die für sich spre­chen. Und ei­gent­lich passt der Ju­bel der Leu­te nicht da­zu. Es kann so­gar sein, dass sie das Sa­kra­ment des Esels gar nicht ver­stan­den ha­ben. Ver­mut­lich geht es vie­len, die Je­sus nach­fol­gen wol­len, bis heu­te nicht an­ders. Mit ei­nem solch‘ de­mü­ti­gen und ge­walt­frei­en Gott kann man doch kei­nen Staat, kei­ne Re­li­gi­on und auch kei­ne Kir­che ma­chen. Statt­des­sen pocht man über­mä­ßig auf der Macht der Höl­le und des Fe­ge­feu­ers her­um und miss­braucht Gott zum Chef des Angst­sys­tems. Erst un­längst muss­te ich ei­ne äl­te­re Frau be­ru­hi­gen, die durch den Vor­trag ei­nes Pro­fes­sors zum The­ma Höl­le und Fe­ge­feu­er völ­lig ver­un­si­chert war. Da ist dann wie­der die ur­alte Angst vor Gott und das Miss­trau­en, ob er uns auch wirk­lich gut will und gnä­dig ist, auch an­ge­sichts der Feh­ler und we­nig er­freu­li­chen Sei­ten un­se­res Le­bens. Das al­les woll­te Je­sus über­win­den, auch auf die Ge­fahr hin, dass es dann Men­schen gibt, die das als Frei­brief für Lie­belo­sig­kei­ten al­ler Art miss­ver­ste­hen. Es ist er­schre­ckend und be­ängs­ti­gend zu­gleich, wie oft die Oh­ren und Her­zen des Chris­ten­tums in der Ge­schich­te die Bot­schaft Je­su nicht wirk­lich ver­nom­men und ver­in­ner­licht ha­ben.
Das Sa­kra­ment des Esels lässt man­che Struk­tu­ren der Kir­che und man­ches Amts­ver­ständ­nis ziem­lich alt und je­sus­fern aus­se­hen.
Aber es kann ru­hig auch die in­ne­re Hal­tung ei­nes je­den von uns ver­un­si­chern, die wir doch im­mer wie­der eher auf das Pferd, als auf ei­nen Esel set­zen. Das ver­hin­dert auch, dass wir nur „auf die da oben“ schimp­fen und selbst nichts zur Ver­bes­se­rung des all­ge­mei­nen Kli­mas in Kir­che, Ge­sell­schaft und Welt bei­tra­gen.
Kurz und gut, mö­gen doch die­se Ta­ge un­se­ren Dank für ei­nen solch lie­bens­wer­ten Gott ver­stär­ken und un­se­ren Wunsch, ein Mensch­sein zu le­ben, das ge­walt­frei­er und lie­be­vol­ler ist. Da­zu mö­ge Gott un­se­re Her­zen mit dem Brot wan­deln und uns sei­nen Geist in die Sin­ne und vor al­lem ins Herz le­gen. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)