(Klosterstiftungen 5, 16–17, s.u.; Röm 8, 14–16; LK 18, 1–8)
Liebe Schwestern und Brüder,
an unserem Patronatssonntag blicken wir voll Freude und Dankbarkeit auf Teresa von Ávila, der Gott nach langem Suchen und Ringen eine innige Gotteserfahrung geschenkt hat. Im Grunde wurde wahr und offenbar, was schon in ihrem Ordensnamen angelegt war: Teresa von Jesus. Dieser Jesus wurde doch zu Lebzeiten nicht müde zu verkünden und zu leben, dass sein Gott ein Gott der Liebe ist, der Liebe will und Liebe schenkt. Auch zur Zeit Teresas und immer wieder wurde und wird der Abba-Gott Jesu zu einem Schreckgespenst gemacht, den man zu fürchten und nicht zu lieben gelehrt hat, weil man ja mit einem Schreckgespenst ganz gut regieren und Angst und Schrecken verbreiten kann. Teresa entdeckte in ihrer Zeit den Abba-Gott Jesu wieder und musste, mit Jesus als Freund an ihrer Seite, diesen neuen Wein einer innigen Gottesbeziehung in die neuen Schläuche neuer Strukturen gießen. Das ist immer wieder da nötig, wo Angst und blinder Gehorsam eine liebevolle und vertrauende Gottesbeziehung zu verdrängen versuchen. Selbstverständlich verändert eine solche Gotteserfahrung, wie sie Teresa geschenkt wurde, rein alles: Strukturen, das Sprechen von Gott, also auch die Theologie, Moral und Dogmatik, und nicht zuletzt das Beten, das Teresa aus allem Formalismus und aller Gebetsleistung zu einer innigen Freundschaftsbeziehung befreite. Wie wohltuend ist das, was uns Teresa heute in dem Text aus dem Buch der Klosterstiftungen mit auf den Weg gibt!
Bewundern wir nicht auch Leute, die lange Zeit im Gebet verbringen? Wie viele haben ein schlechtes Gewissen, weil sie dieses Gebetspensum einfach nicht schaffen? Haben wir selbst den Mut zu glauben, welche Kraft vor Gott ein herzlicher Seufzer hat? Und den kann man zu Gott schicken, wo immer man sich gerade befindet. Wer glaubt denn wirklich, dass es doch letztlich auch im Gebet und aller Frömmigkeit um das Wachsen in der Liebe geht? „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben und deinen Nächsten, wie dich selbst“, so fasste Jesus das ganze Gesetz zusammen und im Grunde ist das der rote Faden der gesamten Heiligen Schrift. Das hatte Teresa wieder neu für sich und uns entdeckt und darum geht es zu allen Zeiten.
Was schreibt uns Teresa also heute noch ins Stammbuch unseres Lebens? Was in euch mehr Liebe erweckt, das tut. So formulierte es auch der hl. Johannes vom Kreuz. Viele Stunden der Betrachtung nützen nichts, wenn sie dieses letzte Ziel nicht unterstützen. Klar muss Beten primär „nutzlos“ sein, wie auch die Liebe, die kein Warum kennt, so drückte es schön der dt. Mystiker Meister Eckhart aus.
Beten ist für Teresa eine liebevolle Beziehung, die zwar nicht gleich alle Wünsche erfüllt, aber den Beter in den Strom der Liebe Gottes zieht, der uns mit Gottes Liebe erfüllen und Seine Liebe erfahrbar zu allen Menschen und Geschöpfen gelangen lassen möchte, die nach Liebe dürsten und hungern. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)
Aus dem Buch der Klosterstiftungen der hl. Teresa von Ávila
(5, 16–17)
Es ist mir klar, dass einer, der sehr beschäftigt ist, nicht viele Stunden auf das Gebet verwenden kann. Und doch, Herr, welche Kraft hat vor dir ein Seufzer, der aus dem Innersten unseres Herzens zu dir aufsteigt, wenn wir traurig feststellen, dass wir nicht bloß in dieser Verbannung leben müssen, sondern darin nicht einmal ein Plätzchen finden, wo wir allein mit dir froh werden dürfen?
Allerdings müssen wir achtgeben, uns nicht so völlig in die Werke des Gehorsams und der Liebe zu verlieren, dass wir vergessen, uns innerlich immer wieder zu Gott zu erheben. Glaubt mir, nicht die Länge der Zeit fördert den Menschen im Gebet. Verwendet er einen Teil seiner Zeit auf gute Werke, so wird er bald mehr von Liebe erfüllt sein als durch viele Stunden der Betrachtung.
(P. Thomas Röhr OCT)