Pa­tro­nats­sonn­tag 2022 (16.10.)

(Klos­ter­stif­tun­gen 5, 16–17, s.u.; Röm 8, 14–16; LK 18, 1–8)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
an un­se­rem Pa­tro­nats­sonn­tag bli­cken wir voll Freu­de und Dank­bar­keit auf Te­re­sa von Ávila, der Gott nach lan­gem Su­chen und Rin­gen ei­ne in­ni­ge Got­tes­er­fah­rung ge­schenkt hat. Im Grun­de wur­de wahr und of­fen­bar, was schon in ih­rem Or­dens­na­men an­ge­legt war: Te­re­sa von Je­sus. Die­ser Je­sus wur­de doch zu Leb­zei­ten nicht mü­de zu ver­kün­den und zu le­ben, dass sein Gott ein Gott der Lie­be ist, der Lie­be will und Lie­be schenkt. Auch zur Zeit Te­re­sas und im­mer wie­der wur­de und wird der Ab­ba-Gott Je­su zu ei­nem Schreck­ge­spenst ge­macht, den man zu fürch­ten und nicht zu lie­ben ge­lehrt hat, weil man ja mit ei­nem Schreck­ge­spenst ganz gut re­gie­ren und Angst und Schre­cken ver­brei­ten kann. Te­re­sa ent­deck­te in ih­rer Zeit den Ab­ba-Gott Je­su wie­der und muss­te, mit Je­sus als Freund an ih­rer Sei­te, die­sen neu­en Wein ei­ner in­ni­gen Got­tes­be­zie­hung in die neu­en Schläu­che neu­er Struk­tu­ren gie­ßen. Das ist im­mer wie­der da nö­tig, wo Angst und blin­der Ge­hor­sam ei­ne lie­be­vol­le und ver­trau­en­de Got­tes­be­zie­hung zu ver­drän­gen ver­su­chen. Selbst­ver­ständ­lich ver­än­dert ei­ne sol­che Got­tes­er­fah­rung, wie sie Te­re­sa ge­schenkt wur­de, rein al­les: Struk­tu­ren, das Spre­chen von Gott, al­so auch die Theo­lo­gie, Mo­ral und Dog­ma­tik, und nicht zu­letzt das Be­ten, das Te­re­sa aus al­lem For­ma­lis­mus und al­ler Ge­bets­leis­tung zu ei­ner in­ni­gen Freund­schafts­be­zie­hung be­frei­te. Wie wohl­tu­end ist das, was uns Te­re­sa heu­te in dem Text aus dem Buch der Klos­ter­stif­tun­gen mit auf den Weg gibt!
Be­wun­dern wir nicht auch Leu­te, die lan­ge Zeit im Ge­bet ver­brin­gen? Wie vie­le ha­ben ein schlech­tes Ge­wis­sen, weil sie die­ses Ge­bets­pen­sum ein­fach nicht schaf­fen? Ha­ben wir selbst den Mut zu glau­ben, wel­che Kraft vor Gott ein herz­li­cher Seuf­zer hat? Und den kann man zu Gott schi­cken, wo im­mer man sich ge­ra­de be­fin­det. Wer glaubt denn wirk­lich, dass es doch letzt­lich auch im Ge­bet und al­ler Fröm­mig­keit um das Wach­sen in der Lie­be geht? „Du sollst den Herrn, dei­nen Gott, lie­ben und dei­nen Nächs­ten, wie dich selbst“, so fass­te Je­sus das gan­ze Ge­setz zu­sam­men und im Grun­de ist das der ro­te Fa­den der ge­sam­ten Hei­li­gen Schrift. Das hat­te Te­re­sa wie­der neu für sich und uns ent­deckt und dar­um geht es zu al­len Zei­ten.
Was schreibt uns Te­re­sa al­so heu­te noch ins Stamm­buch un­se­res Le­bens? Was in euch mehr Lie­be er­weckt, das tut. So for­mu­lier­te es auch der hl. Jo­han­nes vom Kreuz. Vie­le Stun­den der Be­trach­tung nüt­zen nichts, wenn sie die­ses letz­te Ziel nicht un­ter­stüt­zen. Klar muss Be­ten pri­mär „nutz­los“ sein, wie auch die Lie­be, die kein War­um kennt, so drück­te es schön der dt. Mys­ti­ker Meis­ter Eck­hart aus.

Be­ten ist für Te­re­sa ei­ne lie­be­vol­le Be­zie­hung, die zwar nicht gleich al­le Wün­sche er­füllt, aber den Be­ter in den Strom der Lie­be Got­tes zieht, der uns mit Got­tes Lie­be er­fül­len und Sei­ne Lie­be er­fahr­bar zu al­len Men­schen und Ge­schöp­fen ge­lan­gen las­sen möch­te, die nach Lie­be dürs­ten und hun­gern. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)

Aus dem Buch der Klos­ter­stif­tun­gen der hl. Te­re­sa von Ávila
(5, 16–17)
Es ist mir klar, dass ei­ner, der sehr be­schäf­tigt ist, nicht vie­le Stun­den auf das Ge­bet ver­wen­den kann. Und doch, Herr, wel­che Kraft hat vor dir ein Seuf­zer, der aus dem In­ners­ten un­se­res Her­zens zu dir auf­steigt, wenn wir trau­rig fest­stel­len, dass wir nicht bloß in die­ser Ver­ban­nung le­ben müs­sen, son­dern dar­in nicht ein­mal ein Plätz­chen fin­den, wo wir al­lein mit dir froh wer­den dür­fen?
Al­ler­dings müs­sen wir acht­ge­ben, uns nicht so völ­lig in die Wer­ke des Ge­hor­sams und der Lie­be zu ver­lie­ren, dass wir ver­ges­sen, uns in­ner­lich im­mer wie­der zu Gott zu er­he­ben. Glaubt mir, nicht die Län­ge der Zeit för­dert den Men­schen im Ge­bet. Ver­wen­det er ei­nen Teil sei­ner Zeit auf gu­te Wer­ke, so wird er bald mehr von Lie­be er­füllt sein als durch vie­le Stun­den der Betrachtung.

(P. Tho­mas Röhr OCT)