Pa­tro­nats­sonn­tag 2023 (15.10.)

(Te­re­sa s.u.; Röm 8, 14–16; Joh 14, 6–11)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
un­se­re Pa­tro­nin Te­re­sa von Ávila emp­fand ih­re Zeit auch wie aus al­len Fu­gen ge­ra­ten. Vie­len von uns wird es im Blick auf die täg­li­chen Nach­rich­ten über Krie­ge, Na­tur­ka­ta­stro­phen und an­de­ren Kri­sen nicht an­ders ge­hen. Wie soll man mit all‘ dem um­ge­hen? Was kann ich als Ein­zel­ner schon da­ge­gen tun? Zu­nächst hat die hl. Te­re­sa all‘ den be­un­ru­hi­gen­den Tat­sa­chen ein Got­tes­bild ent­ge­gen­ge­setzt, dass nicht auch noch angst­be­setzt ist. Letzt­lich hat sie wie­der die Got­tes­er­fah­rung Je­su in den Mit­tel­punkt ge­stellt, der sei­nen Gott „Ab­ba“, al­so Pa­pa, nann­te. Da ha­ben na­tür­lich man­che bis heu­te Sor­ge, dass Gott da zu „weich ge­wa­schen“ und nicht mehr wirk­lich ernst ge­nom­men wird. Das kann ja tat­säch­lich pas­sie­ren. Da­für aber die Got­tes­er­fah­rung Je­su zu ver­ra­ten, hal­te ich doch mit Te­re­sa für sehr pro­ble­ma­tisch. Au­ßer­dem ist Te­re­sa bei all‘ der Viel­falt ih­rer The­men und klu­gen Bü­cher nicht mü­de ge­wor­den, fest­zu­hal­ten, dass es vor al­lem auf ei­ne wach­sen­de, all­täg­li­che Lie­be an­kommt, egal, in was für Zei­ten und Le­bens­um­stän­den man ge­ra­de lebt. Auch das war ja die Haupt­bot­schaft Je­su, dass die Lie­be das Wich­tigs­te sei. Dies wie­der in den Mit­tel­punkt zu stel­len, ist eben­falls ein Ver­dienst Te­re­sas. Und dar­in ist sie sich üb­ri­gens eins mit den Mys­ti­ke­rin­nen und Mys­ti­kern al­ler Re­li­gio­nen.
The­re­se von Li­sieux, an die un­se­re Or­dens­fa­mi­lie bis 2025 in be­son­de­rer Wei­se denkt, fühl­te sich ne­ben Te­re­sa und Jo­han­nes vom Kreuz an­ge­sichts ih­rer groß­ar­ti­gen Er­fah­run­gen und Bü­cher klein und un­fä­hig, de­ren schein­bar schwe­re und müh­sa­men We­ge zur Hei­lig­keit mit zu be­schrei­ten. Aber im Grun­de sind sie sich im Ziel von al­len We­gen, Übun­gen und geist­li­chen Wer­ken ei­nig, wenn Te­re­sa schreibt: „Un­ser Herr fragt nicht so sehr nach der Be­deut­sam­keit un­se­rer Tä­tig­kei­ten, als viel­mehr nach der Lie­be, mit der wir sie ver­rich­ten!“ Bei The­re­se von Li­sieux klingt das so: „Man muss kei­ne gro­ßen Ta­ten voll­brin­gen, um hei­lig zu sein, son­dern die klei­nen Din­ge des nor­ma­len Le­bens mit gro­ßer Lie­be tun!“ Und Jo­han­nes vom Kreuz schreibt: „Am Abend un­se­res Le­bens wer­den wir nach der Lie­be ge­rich­tet!“
Wie oft hat man die Grund­bot­schaft der Hei­li­gen ver­fälscht und Ne­ben­säch­lich­kei­ten zur Haupt­sa­che ge­macht, um das ei­ge­ne Ver­ständ­nis von Hei­lig­keit hin­ein­zu­le­sen! Na­tür­lich kann man nicht da­von ab­se­hen, dass im­mer in­di­vi­du­el­le In­ter­pre­ta­tio­nen in un­ser Re­den und Schrei­ben von den Hei­li­gen mit ein­flie­ßen. Aber man soll­te sich doch schon dar­um be­mü­hen, ih­re Grund­bot­schaft nicht zu ver­fäl­schen.
Was ich al­so für mich heu­te im Hin­blick auf die Zi­ta­te un­se­rer Hei­li­gen mit­neh­men und her­aus­stel­len möch­te, ist dies: egal, wie wir ge­gen­wär­ti­ge Zei­ten ein­schät­zen, egal, wie sehr uns man­che Er­eig­nis­se be­un­ru­hi­gen und ängs­ti­gen. Es macht de­fi­ni­tiv Sinn, trotz und in al­lem Gott und Je­sus als ab­so­lut Lie­be­vol­le und Lie­bens­wer­te zu se­hen und zu glau­ben.
Und es macht zwei­tens im­mer Sinn, da, wo wir le­ben, so viel Lie­be, wie nur ir­gend mög­lich, hin­ein­zu­ge­ben und dar­an zu glau­ben, dass wir so ein Ge­gen­ge­wicht ge­gen al­le Ge­walt und Lie­belo­sig­kei­ten set­zen kön­nen.
Da­zu er­mu­ti­ge uns heu­te Te­re­sa von Ávila, The­re­se von Li­sieux und Jo­han­nes von Kreuz, die al­le­samt zu Kir­chen­leh­rern er­ho­ben wur­den.
Da­zu ge­be uns Gott die Kraft sei­nes hei­li­gen und heil­sa­men Geis­tes. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)

Zum Pa­tro­nats­sonn­tag 2023

Aus dem Buch der See­len­burg der hl. Te­re­sa

Se­he ich Men­schen, die so sehr auf ih­re Ge­bets­wei­se ver­ses­sen sind, dass sie starr und steif sich in sich selbst ver­schlie­ßen – wie wenn sie nicht wag­ten, sich zu rüh­ren, um ja kei­ne Bro­sa­men ih­rer An­dacht zu verlieren‑, so ver­ra­ten sie mir da­mit, wie we­nig sie von dem Weg wis­sen, der zur Ver­ei­ni­gung mit Gott führt.
Sie mei­nen, auf An­dachts­ge­nüs­se kom­me es an. Nein, mei­ne Schwes­tern, nein, Wer­ke will der Herr. Wenn du weißt, du könn­test ei­ner Kran­ken Lin­de­rung brin­gen, so lass oh­ne Zö­gern ab von dei­ner An­dacht, und tu’s.

(See­len­burg V, 3,12)