(Teresa s.u.; Röm 8, 14–16; Joh 14, 6–11)
Liebe Schwestern und Brüder,
unsere Patronin Teresa von Ávila empfand ihre Zeit auch wie aus allen Fugen geraten. Vielen von uns wird es im Blick auf die täglichen Nachrichten über Kriege, Naturkatastrophen und anderen Krisen nicht anders gehen. Wie soll man mit all‘ dem umgehen? Was kann ich als Einzelner schon dagegen tun? Zunächst hat die hl. Teresa all‘ den beunruhigenden Tatsachen ein Gottesbild entgegengesetzt, dass nicht auch noch angstbesetzt ist. Letztlich hat sie wieder die Gotteserfahrung Jesu in den Mittelpunkt gestellt, der seinen Gott „Abba“, also Papa, nannte. Da haben natürlich manche bis heute Sorge, dass Gott da zu „weich gewaschen“ und nicht mehr wirklich ernst genommen wird. Das kann ja tatsächlich passieren. Dafür aber die Gotteserfahrung Jesu zu verraten, halte ich doch mit Teresa für sehr problematisch. Außerdem ist Teresa bei all‘ der Vielfalt ihrer Themen und klugen Bücher nicht müde geworden, festzuhalten, dass es vor allem auf eine wachsende, alltägliche Liebe ankommt, egal, in was für Zeiten und Lebensumständen man gerade lebt. Auch das war ja die Hauptbotschaft Jesu, dass die Liebe das Wichtigste sei. Dies wieder in den Mittelpunkt zu stellen, ist ebenfalls ein Verdienst Teresas. Und darin ist sie sich übrigens eins mit den Mystikerinnen und Mystikern aller Religionen.
Therese von Lisieux, an die unsere Ordensfamilie bis 2025 in besonderer Weise denkt, fühlte sich neben Teresa und Johannes vom Kreuz angesichts ihrer großartigen Erfahrungen und Bücher klein und unfähig, deren scheinbar schwere und mühsamen Wege zur Heiligkeit mit zu beschreiten. Aber im Grunde sind sie sich im Ziel von allen Wegen, Übungen und geistlichen Werken einig, wenn Teresa schreibt: „Unser Herr fragt nicht so sehr nach der Bedeutsamkeit unserer Tätigkeiten, als vielmehr nach der Liebe, mit der wir sie verrichten!“ Bei Therese von Lisieux klingt das so: „Man muss keine großen Taten vollbringen, um heilig zu sein, sondern die kleinen Dinge des normalen Lebens mit großer Liebe tun!“ Und Johannes vom Kreuz schreibt: „Am Abend unseres Lebens werden wir nach der Liebe gerichtet!“
Wie oft hat man die Grundbotschaft der Heiligen verfälscht und Nebensächlichkeiten zur Hauptsache gemacht, um das eigene Verständnis von Heiligkeit hineinzulesen! Natürlich kann man nicht davon absehen, dass immer individuelle Interpretationen in unser Reden und Schreiben von den Heiligen mit einfließen. Aber man sollte sich doch schon darum bemühen, ihre Grundbotschaft nicht zu verfälschen.
Was ich also für mich heute im Hinblick auf die Zitate unserer Heiligen mitnehmen und herausstellen möchte, ist dies: egal, wie wir gegenwärtige Zeiten einschätzen, egal, wie sehr uns manche Ereignisse beunruhigen und ängstigen. Es macht definitiv Sinn, trotz und in allem Gott und Jesus als absolut Liebevolle und Liebenswerte zu sehen und zu glauben.
Und es macht zweitens immer Sinn, da, wo wir leben, so viel Liebe, wie nur irgend möglich, hineinzugeben und daran zu glauben, dass wir so ein Gegengewicht gegen alle Gewalt und Liebelosigkeiten setzen können.
Dazu ermutige uns heute Teresa von Ávila, Therese von Lisieux und Johannes von Kreuz, die allesamt zu Kirchenlehrern erhoben wurden.
Dazu gebe uns Gott die Kraft seines heiligen und heilsamen Geistes. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)
Zum Patronatssonntag 2023
Aus dem Buch der Seelenburg der hl. Teresa
Sehe ich Menschen, die so sehr auf ihre Gebetsweise versessen sind, dass sie starr und steif sich in sich selbst verschließen – wie wenn sie nicht wagten, sich zu rühren, um ja keine Brosamen ihrer Andacht zu verlieren‑, so verraten sie mir damit, wie wenig sie von dem Weg wissen, der zur Vereinigung mit Gott führt.
Sie meinen, auf Andachtsgenüsse komme es an. Nein, meine Schwestern, nein, Werke will der Herr. Wenn du weißt, du könntest einer Kranken Linderung bringen, so lass ohne Zögern ab von deiner Andacht, und tu’s.
(Seelenburg V, 3,12)