Pfings­ten 2023

(Apg 2, 1–11; 1 Kor, 12, 3b‑7.12–13; Joh 20, 19–23)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
vie­le Chris­ten ha­ben heut­zu­ta­ge we­nig Hoff­nung, dass sich in der Kir­che noch we­sent­lich et­was än­dern wird. Vie­le ver­las­sen ih­re Kir­che. Und doch ver­än­dert sich viel. Na­tür­lich müs­sen wir aus der in­fan­ti­len Rol­le her­aus, die uns jahr­hun­der­te­lang ein­ge­bläut wur­de, dass wir nur zu tun und zu las­sen ha­ben, was man uns „von oben“ her­ab, qua Amt, zu tun auf­trägt. Die­se Zei­ten dürf­ten zu­min­dest bei uns vor­bei sein.
Das Pfingst­fest ist für mich ein Fest der Hoff­nung, dass der Hei­li­ge Geist vie­le er­greift und neu be­geis­tert für ei­nen Gott, der mün­di­ge Töch­ter und Söh­ne will. Es geht nie zu­erst um „die Kir­che“, je­den­falls nicht um ei­ne abs­trakt ver­stan­de­ne Kir­che, die vor al­lem un­se­ren Ge­hor­sam ver­langt. Nein, es geht im­mer zu­erst um das Ge­heim­nis „Gott“, den Gott der Lie­be, den Je­sus heil­sam be­zeugt und für den er auch in den Tod ge­gan­gen ist.
Die­se Bot­schaft soll in uns al­len be­geis­tert bren­nen und die Her­zen und das Le­ben vie­ler Men­schen ent­zün­den. Sie ist der tiefs­te Grund, der Men­schen zu­sam­men­füh­ren und ei­nen soll. Sie ent­zün­det uns zu welt­wei­ter Ge­schwis­ter­lich­keit und zu ei­nem Kli­ma der Wert­schät­zung, das un­se­re Mit­ge­schöp­fe und un­se­re Mut­ter Er­de mit ein­schließt.
Pfings­ten ist die bei­na­he trot­zi­ge Hoff­nung, dass ent­ge­gen dem Au­gen­schein ein lie­be­vol­les Mit­ein­an­der und Da­sein mög­lich ist, dass Ent­schei­dungs­trä­ger von Pri­vi­le­gi­en ab­las­sen, her­ab­stei­gen von ih­ren men­schen­fer­nen Thro­nen und wie­der mit und bei den Men­schen le­ben.
Pfings­ten ist die Hoff­nung, dass nicht die Lau­tes­ten, son­dern die Lei­sen das Sa­gen ha­ben, nicht die Fi­nanz­kräf­tigs­ten, son­dern je­ne, die je­den Cent um­dre­hen müs­sen.
Pfings­ten ist die Hoff­nung, dass die Herz­spra­che zur Welt­spra­che wird, die al­le ver­ste­hen, egal, wo Men­schen her­kom­men und was sie sonst für ei­ne Spra­che spre­chen und wor­aus sie Kraft für ihr all­täg­li­ches Le­ben schöp­fen.
Pfings­ten ist die Hoff­nung, dass nicht mehr nur al­lein die Wirt­schaft, son­dern vor al­lem die Herz­lich­keit, Mensch­lich­keit und Wahr­haf­tig­keit wach­sen und be­zahlt wer­den.
Pfings­ten wer­den all‘ die vie­len, stil­len und all­täg­li­chen Hel­den in den Mit­tel­punkt ge­rückt, die un­ser al­ler Le­ben manch­mal bis an den Rand ih­rer leib­see­li­schen Ge­sund­heit am Lau­fen hal­ten und oh­ne die viel­leicht schon Vie­les zu­sam­men­ge­bro­chen wä­re.
Pfings­ten ist al­so ein Hoff­nungs­fest, an dem wir dar­an fest­hal­ten, dass über­ra­schen­de Wen­den zum Po­si­ti­ven mög­lich sind, weil Gott ein­fach vie­le Men­schen mit sei­nem hei­li­gen und hei­len­den Geist ent­zün­det, und zwar oh­ne wenn und aber.
Die­se Er­fah­rung wün­sche ich uns al­len, heu­te oder in bal­di­ger Zu­kunft. Ich wün­sche uns al­len, dass wir an­ge­haucht wer­den mit Sei­nem Geist, der Le­ben, Lie­be, Ver­trau­en, Hoff­nung und in­ne­ren Frie­den be­deu­tet.
Viel­leicht mö­gen wir uns das ir­gend­wie nicht vor­stel­len kön­nen. Aber das konn­ten sich die Jün­ge­rin­nen und Jün­ger da­mals auch nicht.
Lasst uns trotz­dem fei­ern, dass Pfings­ten auch hier und heu­te mög­lich ist, weil Gott es für uns will, als Ein­zel­ne, wie als Ge­mein­schaft. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)