Liebe Schwestern und Brüder,
bloß gut, dass der hl. Paulus im Brief an die Römer nicht so tut, als gäbe es mit dem Heiligen Geist keine Probleme mehr. Es gibt ja fromme Seelen, die uns gerne den Eindruck vermitteln wollen, als gäbe es mit dem Heiligen Geist und „richtigem“ Glauben keine Angst und Not mehr, keine Zweifel, kein Ringen, alles paletti also. Natürlich ist das Quatsch und mehr als auf einem Auge blind. Es wäre schlecht, wenn wir unsere Nöte, auch mit dem Glauben, nicht mehr äußern dürften. Darum ist es so wichtig, so ehrlich und authentisch wie möglich zu glauben zu versuchen und Räume zu schaffen, in denen niemand mit der Moralkeule geheuchelter Gewissheiten um sich schlägt.
Paulus schreibt also, dass es noch genügend Seufzen gibt, nicht nur bei den Menschen, sondern auch in der ganzen Schöpfung. Ich finde es schön und richtig, dass er nicht nur an die Menschen, sondern auch an die Mitgeschöpfe und die ganze Schöpfung denkt.
Ja, der Geist, der uns allen geschenkt ist, ist sicher eine große Hilfe, kann uns helfen, unser alltägliches Leben und Glauben zu meistern. Aber es bleibt halt noch Unerfülltes, es bleiben Leerstellen, es gibt noch ein kräftiges „Noch nicht“!. Mit anderen Worten: wenn wir gerade zu Pfingsten um den Heiligen Geist bitten, dann auch darum, dass wir all‘ das Unerfüllte, Unbegreifliche tapfer annehmen und auszuhalten versuchen, wo es wirklich nicht zu ändern ist.
Es ist doch auch gut und schön zu wissen, dass sich der Geist selber, ohne unser Zutun, um unsere Schwächen kümmert. Aber nicht nur das, er übernimmt sogar das Beten in uns, wo es uns die Sprache verschlagen hat. Er kann so toll seufzen, dass wir das gar nicht in Worte fassen könnten. Ist es nicht wunderbar, einen solchen Gebetsbeistand zu haben?
Ich wünsche uns, dass wir den Mut haben, dies wirklich! zu glauben. Wir müssen Gott keine auswendig gelernten Gebete vorbeten, mit denen wir innerlich nicht wirklich was anfangen können (und Gott letztlich auch nicht!). Packen wir also all‘ unsere Seufzer, unser Sehnen, unsere Hoffnungen in den unaussprechlichen Seufzer des Heiligen Geistes und lasst uns darin etwas ausruhen und Kraft finden für den nächsten, notwendigen Schritt. Das wünsche ich uns heute zu Pfingsten und darüber hinaus. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)