Pre­digt zum 1. Fas­ten­sonn­tag, Le­se­jahr B (21.02.2021)

(Gen 9, 8–15; 1 Petr 3, 18–22; Mk 1, 12–15)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,

die Fas­ten­zeit ist ei­ne Zeit, die uns er­mu­tigt, dar­an zu glau­ben, dass wir Din­ge, Le­bens­ein­stel­lun­gen und uns sel­ber än­dern kön­nen. Vie­le schaf­fen in die­ser Zeit Be­mer­kens­wer­tes, man­che sind lei­der auch so­zi­al et­was un­ver­träg­lich. Wenn die Fas­ten­zeit mehr sein soll als ei­ne mo­ra­li­sche und re­li­giö­se Kraft­an­stren­gung, de­ren En­de man her­bei­sehnt, dann soll­te sie Grund­sätz­li­ches über die­se Zeit hin­aus und län­ger­fris­tig in Be­we­gung set­zen. Es bringt ja auch nichts, kurz­fris­tig ab­zu­neh­men, wenn man nicht län­ger­fris­tig sei­ne Be­we­gungs- und Er­näh­rungs­ge­wohn­hei­ten auf den Prüf­stand stellt. Aber wie oft er­le­ben wir ent­täu­schend: „Der Geist ist wil­lig, aber das Fleisch ist schwach.“ (z.B. Mk 14,38)
Gott sei Dank, schafft es in der 1. Le­sung aus dem Buch Ge­ne­sis Gott, sich zu än­dern. Denn ei­ni­ge Ka­pi­tel vor­her will er al­les ver­nich­ten, weil er die chro­ni­sche Bos­heit der Men­schen nicht mehr er­trägt, was man ja auch ver­ste­hen kann. Aber selbst, als er die gro­ße Flut zur Ver­nich­tung an­kün­digt, ist er, wie so oft oder viel­leicht so­gar im­mer, lie­be­voll in­kon­se­quent, weil er nicht nur Noach, son­dern auch sei­ne Fa­mi­lie ret­tet. Aber nicht nur sie lie­gen ihm am Her­zen, son­dern auch die „Wild­tie­re der Er­de über­haupt“ (Gen 9, 10). Des­we­gen schließt er von sich aus ei­nen Bund mit al­len und ver­pflich­tet sich, nie mehr über Ver­nich­tung nach­zu­den­ken, und zwar oh­ne ir­gend­wel­che Vor­be­din­gun­gen.
Gott än­dert sich al­so und will sein Wohl­wol­len und sei­ne Lie­be nicht mehr vom Ver­hal­ten der Men­schen ab­hän­gig ma­chen. Die­ser Ent­schluss Got­tes ist für uns und al­le Ge­schöp­fe ei­ne tie­fe Quel­le der Hoff­nung, des Ver­trau­ens, des Tros­tes und der Freu­de, auch und ge­ra­de in der Fas­ten­zeit. Die­sen Ent­schluss hat ein­mal mehr Je­sus be­stä­tigt, der in der Wüs­te er­fah­ren hat, wie be­droht die­ses Ver­trau­en und das Mensch­sein und ‑wer­den im­mer wie­der ist. Und die Be­mer­kung, dass er bei den wil­den Tie­ren leb­te (Mk 1,13), erinnert(e) den bi­bel­kun­di­gen Le­ser an die Pa­ra­die­ser­zäh­lung und viel­leicht auch an un­se­ren Le­sungs­text aus der Sint­flut­ge­schich­te.
Je­sus, als der neue, von Got­tes Geist er­füll­te, Mensch, lebt eben auch in Har­mo­nie mit al­len an­de­ren Ge­schöp­fen und bringt so zum Aus­druck, dass Got­tes Bund wei­ter be­steht. Dar­an soll­ten wir uns am Be­ginn der Fas­ten­zeit vor al­lem er­in­nern, be­vor wir dar­über nach­den­ken, was wir al­les tun kön­nen. Je­sus mach­te die Ge­gen­wart des Rei­ches Got­tes ja auch nicht ab­hän­gig vom Tun des Men­schen. Er kün­dig­te es ein­fach an und bat die Men­schen, um­zu­den­ken, was „Um­kehr“ im Grie­chi­schen eher heißt (Me­t­a­noe­te). Je­sus sagt nicht, wenn ihr um­kehrt, dann ist das Reich Got­tes na­he, son­dern um­ge­kehrt. Wie oft ma­chen wir bis heu­te die Nä­he und Lie­be (Got­tes) ab­hän­gig von un­gu­ten „Wenn-Dann-Sät­zen“! Hal­ten wir es aus, be­schenkt zu wer­den, oh­ne gleich an Ge­gen­ge­schen­ke zu den­ken? Wer sich sol­cher­art ge­liebt und be­schenkt er­fährt, der wird eben nicht tun und las­sen, was er will. Es wird ihn drän­gen, sich Got­tes Geist zu über­las­sen und sich am En­de doch mit Got­tes Hil­fe und Vor­bild an man­chen Stel­len zu än­dern, um sein neu­ge­won­ne­nes und ge­schenk­tes Ver­trau­en in jeg­li­cher Form von Lie­be sicht­bar und er­fahr­bar zu ma­chen. Mö­gen wir al­so mehr und mehr Got­tes Bünd­nis­part­ner wer­den, um Sei­nen Bund be­din­gungs­lo­ser und vor­aus­set­zungs­lo­ser Lie­be oh­ne wenn und aber al­len Men­schen und Ge­schöp­fen er­fahr­bar zu ma­chen, und zwar nicht nur in be­son­de­ren, son­dern vor al­lem in all­täg­li­chen Zei­ten. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)