(Apg 8,5–8.14–17; 1 Petr 3,15–18; Joh 14,15–21)
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
die Texte des heutigen Sonntags sind tief geprägt von den Erfahrungen der frühen Kirche. Aber heißt das, dass sie für uns heute keine Bedeutung haben?
Der Abschnitt aus der Apostelgeschichte ereignet sich in einer Zeit der Bedrängnis und der Verfolgung. In diese Zeit hinein kommt Philippus, er spricht auf überzeugende Weise von seinem Glauben, so dass viele seiner Zuhörer sich angesprochen fühlen und sich taufen lassen.
Im ersten Petrusbrief lesen wir: “Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.” Sind wir das? Auch hier stellt sich die Frage: Welchen Platz hat Jesus in meinem Herzen? Ich denke, es ist klar: Es geht nicht darum, mit meinem Glauben hausieren zu gehen, ungefragt jeden davon zu erzählen, ob er es hören möchte oder nicht. Aber es geht darum, wenn Fragen aufkommen, die den Glauben betreffen — sei es direkt oder indirekt — nicht auszuweichen oder sich zu verstecken, sondern dazu zu stehen, und dann aus dem Herzen heraus zu antworten. Das ist nicht immer einfach – aber es kann viel bewirken, sowohl bei dem, der meine Worte hört, aber auch bei mir selber: Ich lerne mich selber besser kennen, wenn ich aus meinem Inneren spreche, und ich erlebte, welche Wirkung meine Worte haben können.
Das war wahrscheinlich zu keiner Zeit einfach. Deshalb finden sich diese Worte im 1. Petrusbrief. Und augenscheinlich war dies auch ein Thema in der Gemeinde, für die das Johannesevangelium geschrieben wurde. Der Text, den wir da aus Abschiedseden Jesu lesen, spricht ja auch von genau diesem Thema: Wir kann man an Jesus glauben, wenn er nicht sichtbar da ist? Wie kann man mit ihm verbunden sein, ohne seine Worte zu hören? Wie kann man sich an ihm ausrichten, wenn er nicht als Vorbild den Weg voran geht?
Jesus sagt nach Johannes, er werde den Vater bitten, einen anderen Beistand zu senden, den Geist der Wahrheit. Parakletos kann zwar auch Tröster heißen, wie beispielsweise die Lutherbibel an dieser Stelle übersetzt, aber nach dem Neutestamentler Klaus Berger widerspricht das hier dem gemeinten. Gemeint ist ein Beistand, mehr noch Anwalt, ein Patron, der für uns eintritt, wenn uns die Worte fehlen, wenn die Angst uns lähmt, wenn wir uns ohnmächtig fühlen.
Damit verbunden ist die Zusage Jesu: Ich lasse Euch nicht zurück – ich komme zu Euch — ihr seht mich.
Wie oft fragt meine Tochter abends beim ins Bett gehen noch das eigentlich selbstverständliche: Bist Du gleich nebenan? Bist Du da? Oder, wenn einer von uns Eltern erst spät nach Hause kommt: „Kommst Du nochmal zu mir ans Bett und gibst mir einen Gute-Nacht-Kuss?“ Und selbstverständlich sind wir Eltern so da, wie wir gebraucht werden. Und genau so ist Jesus für die Seinen da, gerade dann, wenn sie sich unsicher fühlen.
Er ist da in seinem Heiligen Geist – das feiern wir in der Firmung, die ein unauslöschliches Merkmal verleiht. Er ist da in der Eucharistie, in der wie ihn ganz gegenständlich in uns aufnehmen. Er ist da in seinem Wort, das uns immer wieder neu geschenkt wird.
Diese Erfahrungsweisen Gottes lassen sich nicht gegeneinander ausspielen. Jeder von uns hat andere Antennen, hat andere Erfahrungsebenen, auf denen wir angesprochen werden. Das wichtige ist die Variation, ist, sich auch immer wieder auf neues einzulassen.
Deswegen ist es gut, neben der Eucharistiefeier andere Formen zu haben, den Glauben zu feiern und Jesus darin zu begegnen — beispielsweise in der Wort-Gottes-Feier, in der das Wort Gottes ganz im Mittelpunkt steht. Und wir dürfen vertrauen: Darin ist Jesus genau so gegenwärtig, wie er es in der Eucharistie ist – und das kann vielleicht ein Trost auch sein für die Kinder, die trotz einer langen Vorbereitungszeit nun noch nicht Ihre Erstkommunion empfangen durften.
Liebe Schwestern, liebe Brüder. Es geht auf die Feiertage Christi Himmelfahrt und Pfingsten zu. Ich wünsche Ihnen, dass Sie in diesen Tagen, aber auch darüber hinaus, immer wieder Begegnungen mit dem Auferstandenen erfahren – in seinen unterschiedlichen Weisen, in denen er uns nahe sein will. Vielleicht auch gerade da, wo wir es nicht erwarten?
Marc Teuber