(Apg 1,12–14; Ps 27,1.4.7–8; 1 Petr 4,13–16; Joh 17,1–11a)
Liebe Schwestern und Brüder,
die Zeit zwischen Himmelfahrt und Pfingsten ist eine besondere Zeit des Gebetes um den Heiligen Geist und wird auch „Pfingstnovene“ genannt. An eine solche Zeit des Gebetes erinnert heute die erste Lesung aus der Apostelgeschichte: „Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet.“ (Apg 1,14). Für die nachfolgenden Christengenerationen wird es nicht unerheblich gewesen sein, wer da alles zum Gebet versammelt war.
Lukas scheint die Apostel zu bevorzugen, denn sie zählt er namentlich auf. Die Frauen, außer Maria, die Mutter Jesu, bleiben namenlos. Warum das so ist, bleibt das Geheimnis des Lukas, obwohl er in der Ostergeschichte (Lk 24, 1–12) die wichtigen Frauen aufzählt: Maria von Magdala, Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus und die übrigen Frauen. In dieser Ostergeschichte sind die Apostel namenlos und machen auch sonst keine gute Figur, als die Frauen als Apostolinnen der Apostel im Namen des Auferstandenen von Ostern künden. Da hielten die Apostel die Botschaft der Frauen noch für Geschwätz und glaubten ihnen nicht (LK 24,11). Erst der Auferstandene selbst schenkt ihnen den Glauben, den er in allen zu allen Zeiten wirken muss.
Zumindest in dieser gemeinsamen Erfahrung geschenkten Glaubens sind viele Jüngerinnen und Jünger zusammen, um auf die „Kraft aus der Höhe“ (Lk 24, 49) zu warten. Es ist wichtig, immer wieder neu herauszustellen, dass Männer und Frauen auf die Gabe des Heiligen Geistes warteten und Pfingsten alle diese Männer und Frauen mit der Kraft des Heiligen Geistes erfüllt wurden, nicht nur, und schon gar nicht in besonderer Weise, die namentlich genannten Apostel. Darum sollte nicht nur Einmütigkeit im Gebet, sondern auch Einmütigkeit im gemeinsamen Empfang des Heiligen Geistes bestehen. Denn das erfordert dann ebenso ein gemeinsames Hören auf die Stimme des Geistes, der nicht nur in und aus geweihten Amtsträgern spricht. Das Aufeinanderhören und Wertschätzen der Gegenwart des Heiligen Geistes in uns allen könnte viele, kreative Initiativen beflügeln, damit „Kirche“ nicht ein abstrakter Begriff ist oder gar nur bestimmte Personengruppen meint, sondern eine Gemeinschaft von Frauen und Männern, von Kindern und Jugendlichen, Jungen und Alten, die sich für Gott, seine Menschen, seine Geschöpfe und seine ganze Welt in Liebe begeistern lassen.
Ohnehin sucht und bewegt Gott immer wieder Menschen, der Welt in allen seinen Dimensionen ein menschliches und liebevolles Gesicht zu verleihen.
Das können die, die versuchen, aus dem Geheimnis Gottes zu leben, nur, wenn sie selbst für Gottes Geheimnis offen bleiben, nicht aufhören, sein Angesicht zu suchen, wie es sehr schön im heutigen Antwortpsalm heißt (Ps 27, 8). „Sein Angesicht zu suchen“, heißt, ihn nicht in der Tasche fertiger Antworten zu haben, heißt, ihm zu erlauben, immer größer sein zu dürfen, als das, was von ihm gewusst und erfahren worden ist.
Für einen jeden von uns will er Heil, Zuflucht unseres Lebens, sein, gerade auch in allem, was uns fürchten und bange sein lässt. Wenn das wieder neu zu einer beglückenden Erfahrung wird, dann ist unser Glaube lebendig und ansteckend.
„Im Haus zu wohnen alle Tage meines Lebens“ (V4) bedeutet, Sein „ICH BIN DA“ nicht zu verlieren, sich darin geborgen zu wissen. „Die Freundlichkeit des Herrn zu schauen“, ist so tröstlich, weil ja schon die Freundlichkeit eines Menschen das Herz so froh und leicht macht. Das alles sind Gaben des Heiligen Geistes, um die wir alle einmütig im Gebet in diesen Tagen vor Pfingsten und überhaupt bitten sollten.
Für viele ist die „Kraft aus der Höhe“ geradezu existentiell in diesen Tagen. Ich wünsche sie mir und uns, damit wir miteinander und füreinander unterwegs bleiben in Glaube, Hoffnung und Liebe. Amen.
1 Der Herr ist mein Licht und mein Heil: *
Vor wem sollte ich mich fürchten?
Der Herr ist die Zuflucht meines Lebens: *
Vor wem sollte mir bangen?
4 Eines habe ich vom Herrn erfragt, dieses erbitte ich: *
im Haus des Herrn zu wohnen alle Tage meines Lebens;
die Freundlichkeit des Herrn zu schauen *
und nachzusinnen in seinem Tempel.
7 Höre, Herr, meine Stimme, wenn ich rufe; *
sei mir gnädig und gib mir Antwort!
8 Mein Herz denkt an dich: „Suchet mein Angesicht!“ *
Dein Angesicht, Herr, will ich suchen.
Ps 27 (26), 1.4.7–8, Einheitsübersetzung 2016
Ihr / euer P. Thomas OCD