(1 Kön 3, 5.7–12;Röm 8, 28–30; Mt 13, 44–52)
Liebe Schwestern und Brüder,
wir sagen manchmal, dass wir wie im siebten Himmel sind. Wann sagen wir das? Wir sagen das, wenn wir verliebt sind, wenn wir tolle Erlebnisse hatten, wenn wir Glück hatten, wo wir nicht damit gerechnet haben, wenn man unter der Dusche steht oder in der Badewanne liegt nach einem anstrengenden und schweißtreibenden Tag. Da gibt es so vieles, was uns wie im siebten Himmel sein lassen kann. Ist aber einer von uns wie im siebten Himmel, weil er Gott gefunden hat? Die meisten von uns sind in die Kirche als Baby hineingetauft worden. Gott haben wir damit noch nicht gefunden. „Himmelreich“ steht für Gottes Nähe und Liebe. Es kann sein, dass viele in den Religionen streng gläubig sind, besonders jene, die deren Repräsentanten sind. Aber die Freude über einen gefundenen Schatz steht ihnen nicht unbedingt ins Gesicht geschrieben. Manche Härte, Enge und Finsternis lassen nicht viel Gutes erahnen.
Klar, man erwartet von Profichristen, dass für sie alles klar ist, dass sie einem sagen, wo es im Namen Gottes lang geht. Aber wo ist in Gottes Namen die ganz persönliche Gottesbeziehung, die Erfahrung der Freude, einen Schatz im wahrsten Sinne des Wortes im Herzen und im Leben gefunden zu haben? Wäre es nicht ehrlicher, überzeugender und wahrhaftiger zu bekennen, dass wir oft und eigentlich immer wieder Suchende sind? Für Profichristen ist es besonders schwer, zu dieser Wahrheit zu stehen, weil sie selbst und andere anderes erwarten.
Manch einer will es durch Verzicht erzwingen, verkauft alles, ohne vorher die Freude eines entdeckten Schatzes erlebt zu haben. Taufe, Kirchenmitgliedschaft, lange Traditionen, Weihen oder Ämter garantieren nicht, dass man gefunden und erfahren hat. So, wie jede Liebe, die diesen Namen verdient, ein wunderbares Geschenk ist, so sind es auch der Glaube und die Freude über einen Gott, der uns überall und in allem nahe sein möchte. Keiner hat sich Liebe oder Glaube verdient. Die Sehnsucht nach tragenden und frohmachenden Gründen eint uns Menschen und Geschöpfe. Ebenso die Freude und Dankbarkeit, wenn wir finden durften. Möge uns diese Erfahrung geschenkt sein und tief mit Gott, untereinander und mit der ganzen Schöpfung verbinden. Amen.
P. Thomas Röhr OCT