(Jes 9, 1–6; Lk 2, 1–14)
Liebe Schwestern und Brüder,
für Viele wird Weihnachten dieses Jahr mit Trauer verbunden sein, weil man nicht mit jenen so unkompliziert nahe sein kann, wie man es ohne Pandemie könnte. Das ist ein Schmerz, den man nicht wegerklären sollte, indem man darauf verweist, dass man so eher zum Kern der Weihnachtsbotschaft durchbrechen könnte. Zwar ist diese Erklärung durchaus richtig, aber sie sollte trotzdem den Schmerz und die Trauer ernst nehmen. Das sollte man im Übrigen immer, egal ob es sich um die Zahnschmerzen eines Kindes oder den Tod eines geliebten Menschen oder um die Geburt eines Kindes unter schwierigen Umständen handelt. Die Weihnachtsgeschichte ermutigt, daran zu glauben, dass mitten in den Finsternissen des Lebens, mitten in allen Ländern des Todesschatten, plötzlich das Wunder eines unerwarteten Lichtes aufleuchtet. Das kann vor, das kann auch nach dem Tod bedeuten. Das wird nicht der große Knall eines Superevents sein, sondern eher die Stille Nacht, die plötzlich heilig wird, weil ein heiliges Licht über unsere nachtgeplagten Seelen und Herzen streichelt. Es ist so wunderbar und erfreulich, dass ein Kind, in Windeln gewickelt, und in einer Krippe liegend, Zeichen göttlicher Nähe sein soll. Und alle Eltern wissen, dass das wirklich wahr ist.
Bitte beachten wir: Gottes Nähe erscheint bevorzugt so „ungöttlich“, vor allem in den Nächten unseres Lebens, aber nicht nur da. Denn ER erscheint auch als Befreier, der mitverantwortlich dafür ist, wenn drückende Jochs zerbrochen werden und neues, unbeschwerteres Leben (wieder) geschenkt wird. Jubel und große Freude sind hierbei Kennzeichen dafür, dass Gottes Gegenwart uns, wo und wie auch immer, berührt und aufgerichtet hat.
Drittens aber sprechen wir Weihnachten von „Inkarnation“, von Menschwerdung. Das ist mit die erstaunlichste Botschaft, die in jedem Winkel unserer Welt und Mutter Erde gilt: werdet Menschen, seid Menschen, die menschlich, solidarisch, barmherzig, respektvoll und liebevoll sind. Wo das geschieht, wo das vielleicht wieder neu zugelassen wird, da ereignet sich Weihnachten und menschliches Glück, da ist Nähe Gottes, lange bevor wir das dann religiös vereinnahmen und deuten. Das verbindet uns tatsächlich mit allen Menschengeschwistern bzw. Menschen guten Willens. Das macht uns sensibel auch für unsere erschöpften Mitgeschöpfe und unsere geschundene Mutter Erde. Denn alle sehnen sich danach, dass uns Menschwerdung und Mensch sein mehr und mehr gelingen mag, weil wir uns dann selbst als Mitgeschöpfe und als Geschwister anderer Mitgeschöpfe wahrgenommen haben.
Weihnachten heißt in Gottes Namen: redet nicht nur von Weihnachten, sondern lebt es, 12 Monate lang. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)
Allen, die unsere Homepage besuchen, wünsche ich im Namen des ganzen Homepage-Teams (Andrea und Marc Teuber) trotz und in allem ein gesegnetes, lichterfülltes Weihnachtsfest und ein behütetes, gutes, neues Jahr 2021!