Weih­nach­ten 2021

(Jes 9, 1–6; Tit 2, 11–14; Lk 2, 1–14)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
ehr­lich ge­sagt, fehlt mir ge­ra­de zu Weih­nach­ten un­ser ge­mein­sa­mes Sin­gen sehr, fehlt mir die Sorg­lo­sig­keit, mit der sonst al­le, die möch­ten, in die Kir­che kom­men kön­nen auch sehr und be­rei­tet es mir in man­cher Hin­sicht auch Bauch­schmer­zen. In­so­fern, ge­mes­sen an „nor­ma­len“ Weih­nach­ten, kann es nicht so recht weih­nacht­lich wer­den. Aber letzt­lich sind „nor­ma­le“ Weih­nach­ten für uns auch ein gro­ßes Ge­schenk, denn es gibt im­mer Men­schen, de­nen so gar nicht weih­nacht­lich zu­mu­te ist. Viel­leicht spü­ren wir in die­sen Zei­ten be­son­ders die uns al­le ver­bin­den­de Sehn­sucht, dass das Le­ben doch et­was hel­ler wer­den mö­ge, und zwar nicht nur für uns, son­dern für al­le Men­schen und Ge­schöp­fe. Nie­mand hat ja ein An­recht, im Lich­te le­ben zu dür­fen, was im­mer das auch be­deu­tet. Aber al­le ha­ben ein Recht auf ein men­schen­wür­di­ges Da­sein, auf Frie­den, auf Wert­schät­zung, auf mehr lie­be­vol­le Ta­ten und we­ni­ger Wor­ten, de­nen kei­ne Ta­ten fol­gen. Das Ge­heim­nis Got­tes stärkt in uns die Hoff­nung, dass das mög­lich sei. Er macht nicht gleich die gan­ze Welt licht und heil, son­dern er be­gnügt sich mit dem, was wir al­le kön­nen: er zün­det ein klei­nes Licht der Lie­be und Mensch­lich­keit an je­nen Or­ten an, die nie­mand als be­son­ders wich­tig auf dem Schirm hat. Weih­nach­ten ist auch der fle­hent­li­che Ruf Got­tes an uns al­le, die Fins­ter­nis­se nicht noch fins­te­rer sein zu las­sen, in­dem wir Lich­ter der Mensch­lich­keit, der Lie­be und Barm­her­zig­keit un­be­dacht und manch­mal auch ge­dan­ken­los aus­bla­sen, weil wir mei­nen, ein Recht da­zu zu ha­ben, das Ge­gen­teil zu le­ben. Es geht Weih­nach­ten nicht zu­erst um schö­ne Ge­füh­le, so be­rech­tigt die­se auch sein mö­gen. Es geht nicht um „Frie­de, Freu­de, Ei­er­ku­chen“, die au­ßer­weih­nacht­lich auch nicht sind. Es geht dar­um, Gott für sei­ne mu­ti­ge Lie­be zu dan­ken, selbst Mensch­sein und Mensch­lich­keit zu wa­gen, da­mit wir er­mu­tigt wer­den, es ihm gleich zu tun. Wenn je­mand wirk­lich Glück und Sinn in sei­nem Le­ben sucht, dann fin­det er sie in die­ser Rich­tung. Wir Men­schen wis­sen manch­mal nicht, wie wir das an­stel­len sol­len. Wir wis­sen viel zu oft, wie wir weh­tun und ge­dan­ken­los sein kön­nen. Weih­nach­ten re­det Gott nicht, son­dern tut er et­was, was ei­gent­lich un­glaub­lich ist. Er lacht uns an in ei­nem Kind, kommt nicht mit künst­li­cher und lä­cher­lich, auf­ge­bla­se­ner Grö­ße da­her, nein, er kommt be­dürf­tig, klein und ver­letz­lich. Das näm­lich ist Mensch­sein, das wir tei­len, ja ei­gent­lich das, was wir erst ein­mal wie­der zu­las­sen sol­len. Aber ge­nau die­ses Weih­nach­ten fällt so schwer, in der Kir­che, wie in den Ge­sell­schaf­ten. Aber den­noch und im­mer wie­der sei es ge­sagt: es gibt sie, die vie­len, die wie die Hir­ten so ver­rückt sind zu glau­ben, dass das Uni­ver­sum, das Ge­heim­nis der Lie­be, das ge­lieb­te DU, nach dem sich al­les sehnt, ein Kind ist, in Win­deln ge­wi­ckelt, in ei­ner Krip­pe, in ei­nem Kaff Na­mens Beth­le­hem. Die­sem ver­rück­ten Gott glau­be ich ger­ne, da­für lie­be ich ihn und al­le, die den Mut und die Grö­ße ha­ben, es ihm gleich zu tun, so zag­haft, wie auch im­mer! Dan­ke Gott, Dan­ke al­len, die Mensch­sein zu­las­sen. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)